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Türchen 13 - 20

in Adventskalender 2020 30.12.2020 11:22
von Bree • Federlibelle | 4.649 Beiträge | 19121 Punkte

13. Dezember – „Ein Freund für den Maulwurf“ von Writeandride

Nanu? Was war das denn für ein Lärm?
Erdstößer, der kleiner Maulwurf, hatte gerade ein Nickerchen gemacht, um sich von der anstrengenden Graberei zu erholen. Er musste den Raum für seinen Wintervorrat vergrößern und brauchte dafür sehr viel Kraft. Plötzlich begann seine Höhle zu beben und er hatte Angst, sie würde einstürzen. Erschrocken flüchtete er in eine Ecke und presste die Pfoten auf die Brust. Doch das gleichmäßige Schlagen und Hämmern kam nicht von seinem Herzen. Es war überall und ließ die Wände erzittern. Von oben rieselte Sand.
Erdstößer begriff, das Übel kam von außen. Von der Wiese. Ärgerlich flitzte er den langen Gang nach oben und buddelte sich wutentbrannt durch den Boden. Der Lärm wurde immer lauter, je näher er dem Tageslicht kam. Endlich hatte er einen stattlichen Haufen Erde aufgeworfen und schaufelte sich ein Loch nach draußen. Seine Augen konnten nur hell und dunkel unterscheiden, und hier war es sehr hell. Unangenehm hell. Und unangenehm laut. Erdstößers Barthaare zitterten. Jetzt spürte er tiefe, regelmäßige Bassrhythmen, die sein Inneres in elektrische Schwingungen versetzten, dazu mischten sich pfeifende Töne, als ob jemand durch einen hohlen Grashalm blies.
Doch das Merkwürdigste, Schauerlichste und gleichzeitig Wunderbarste, was er je gehört hatte, war dieser Gesang. Eine Stimme, fein und zerbrechlich, schallte verstärkt wie durch einen Trichter über die Wiese und zauberte Melodien in die Luft. Erdstößers Mundwinkel zuckten. Er hielt die Nase in den Wind und versuchte auszumachen, woher die Stimme kam.
In diesem Moment krabbelte jemand über seine vom vielen Graben schwieligen Vorderpfoten. Erdstößer erstarrte. Er roch eine Spinne. Lecker. Ein kleiner Snack als Entschädigung für die Störung. Gerade wollte er zuschnappen, da fing die Spinne an zu reden. „Hallo, du! Hast du diesen großen Haufen hier aufgeschichtet?“
Erdstößer war völlig verwirrt und konnte nur nicken.
„Das ist prima. Lass uns ganz nach oben klettern. Von dort können wir die Musiker am besten sehen.“
„Hast du keine Angst, dass ich dich fresse?“, fragte Erdstößer und seine trüben Augen wurden kugelrund.
„Niemand frisst Oktobrachia. Ich habe acht Arme mit denen ich allen und jedem hier helfe. Dir könnte ich graben helfen.“
„Graben helfen?“ Noch nie hatte ihm jemand beim Graben geholfen. Der Gedanke gefiel ihm immer besser, je länger er darüber nachdachte.
„Okay, Oktobrachia. Setzt dich auf meinen Rücken, wir klettern nach oben und du erzählst mir, was du siehst. Vor allem möchte ich wissen, woher diese wunderbare Stimme kommt.“

14. Dezember – Carlo, der Fuchs, von Blattgold

Hi, mein Name ist Carlo der schlaue Fuchs. Vielleicht wundert sich jemand über meinen Namen, aber mein Vater ist Italiener und deshalb hat meine Mutter diesen Namen für mich gewählt. Ich bin noch jung und muss gerade lernen, künftig auf eigenen Beinen zu stehen. Puh, das ist gar nicht so einfach, kann ich euch sagen! Aber ich schaffe das schon - ich gebe nicht auf.
Bisher habe ich mir eine Weile aus der Entfernung angeschaut, was sich hier auf der Wiese so alles abspielt. Die Spinne, die nur Arme hat. Die Libelle mit ihren akrobatischen Kunstflügen, das sieht wirklich toll aus. Dem traurigen Maulwurf werde ich einen Besuch abstatten, vielleicht unternehmen wir etwas zusammen. Dann besuchen wir Paul, die Raupe, und versuchen, ihm die Faulheit abzugewöhnen. Vielleicht braucht er bloß ein bisschen Gesellschaft? Bestimmt treffen wir das Glühwürmchen Luzi unterwegs, sie wird immer alles aufräumen, aber das kann nicht schaden. Der Schmetterling Farfalla wird durch seine Farbenpracht jeden begeistern, er wird uns auf jeden Fall helfen, viel mehr Licht und Freude ins Leben zu bringen. Das Gänseblümchen Florina nehmen wir unbedingt mit, damit wir ihr noch viel mehr zeigen können als bloß unsere schöne Wiese. Ich glaube, ich habe noch ein paar Karten für eine Schiffsreise nach New York, ich muss mal meinen ganzen Bau durchsuchen. Ach, wenn ich doch bloß ordentlicher wäre! Wenn ich sie finde, dann können wir alle verreisen, auch für Tara, den Feldhamster, dem wir noch beibringen müssen, etwas besser Vorräte zu sammeln. Leider habe ich ein großes Problem, aber davon erzähle ich euch beim nächsten Mal.

15. Dezember – „Eine Party!“ von Bree

"Wohoho! Was ist das denn?", rufe ich erschrocken, denn ganz in der Nähe von Florina, dem Gänseblümchen, beginnt sich die Erde zu bewegen. Ich kann das von oben sehr gut sehen. Es hat durchaus seine Vorteile, ein Schmetterling zu sein. Man hat einfach den totalen Überblick.
Florina winkt mit einem ihrer Blätter ab. "Das ist Erdstößer, der Maulwurf", erklärt sie mir. "Nachdem er mich einmal um ein Haar ausgebuddelt hätte, und ich ihn gebeten habe, vorsichtiger zu sein, macht er einen Bogen um mich."
Ich schwebe so cool wie möglich wieder zurück zur Erde und beobachte, wie sich Stück für Stück die Erde hochwölbt. "Was ist das für ein Typ?", will ich von dem Blümchen wissen.
"Ein Trauerkloß", antwortet sie knapp und sieht nachdenklich aus. "Vielleicht verstehen wir uns deshalb so gut. Wir haben einiges gemeinsam."
"So? Was denn?"
"Wir sind beide von der restlichen Wiesengemeinschaft ausgeschlossen. Er, weil er kaum etwas sieht und die meiste Zeit unter der Erde verbringt, und ich, weil ich hier verwurzelt bin und deshalb keinen Spaß mitmachen kann."
Mir kommt eine Idee. "Wenn du diesen Ort nicht verlassen kannst, dann muss der Spaß eben hier stattfinden."
Neugierig schaut sie mich an. "Wie meinst du das?"
"Wir feiern eine Party!" Meine spontan aufgeploppte Idee begeistert mich richtig. "Ich sage allen Bescheid. Die Ameisen kümmern sich um das Buffet, die Rentnerband sorgt für Musik und du bekommst genau wie der Buddler hier die Gelegenheit, die anderen Wiesenbewohner kennenzulernen. Was hältst du davon?"
"Das klingt toll!", ruft Florina begeistert. Sie hebt beide Blättchen hoch und formt einen Trichter daraus. "Erdstößer! Komm mal raus!", brüllt sie mit ihrem zarten Stimmchen.
Dicht neben ihr hebt sich die Erde an und in kürzester Zeit bildet sich ein kleiner Hügel. Dann schaut eine spitze rosa Schnauze daraus hervor. Ich erkenne ein Paar kleiner Augen und ein glänzendes dunkles Fell.
"Was is denn los?", brummt der Maulwurf.
Ich betrachte ihn ganz genau, denn noch nie zuvor habe ich einen aus so geringer Entfernung gesehen.
"Das ist Farfalla", erklärt Florina und weist auf mich.
"Ich kann nix sehen", brummt er.
"Farfalla ist ein Schmetterling. Er will für eine Party sorgen, damit wir die anderen auf der Wiese kennenlernen. Was sagst du dazu?"
"War noch nie auf 'ner Party."
"Na, dann wird dies eben deine erste", beschließe ich und hebe schwungvoll ab.
"Was für eine tolle Idee!", ruft jemand. Neben dem Maulwurf hockt Oktobrachia, die Spinne, und strahlt über das ganze Gesicht. "Ich liebe Partys."
Ich muss lachen. "Bis bald!", rufe ich zu den dreien hinunter. "Ich sage allen Bescheid."
Voller Vorfreude sause ich durch die Luft. Das wird ein Spaß!
"Papa Paul!", sage ich erfreut, als ich den Maikäfer auf einem Blatt sitzend entdecke. Auf seinem Rücken hockt wie so oft die kleine Schnecke Sunny Li. Die beiden haben mich noch nicht bemerkt.
"Papa Paul!", wiederhole ich und lasse mich auf das Nachbarblatt sinken. Vor Aufregung bin ich ganz aus der Puste.
"Was machst du für ein Getöse?", brummt Papa Paul mich an. "Ich halte gerade Mittagsstunde und kann es nicht leiden, wenn mich dabei jemand stört."
"Tut mir sehr leid", entschuldige ich mich.

Mit Papa Paul muss man vorsichtig umgehen, das weiß ich längst. Trotzdem kann ich meine Neuigkeit nicht für mich behalten.
"Da drüben, ziemlich nah bei der Bühne am Gluckerbach, da leben ein Gänseblümchen und ein Maulwurf. Beide wollen so gern die anderen Wiesenbewohner kennenlernen, also dachte ich, wir machen eine Party! Und ihr könnt für die Stimmung sorgen."
"Ich habe leichte Halsschmerzen", lässt sich die zarte Stimme von Sunny Li vernehmen.
Ich überlege kurz, dann fällt mir was ein. "Sekunde", sage ich, flattere davon und komme wenig später mit ein paar Salbeiblüten zurück. "Hier, das wird die Schmerzen lindern. Spätestens bis morgen bist du wieder fit. Also, was ist? Seid ihr dabei?"
"Hm, ich weiß nicht. Sind wir das, Sunny Li?"
Die kleine Schnecke hat die Blüten verputzt und räuspert sich. "Ahhhh, Ohhhhh, Ihhhhh, Uhhhhh, Ahhh. Okay, alles wieder guuuuuut. Wir kommen, Farfalla."
Ich grinse zufrieden. "Spitze, dann sag ich jetzt allen anderen Bescheid. Bis später!"

Als ich all jenen, denen ich auf der Wiese begegne, von der Party erzählt habe, ist es bereits dämmrig und ich bin verflixt müde. Der Haselstrauß da vorne sieht ganz gemütlich aus. Ich suche mir ein schönes Blatt und mache es mir gemütlich. Als ich die Augen schließe, sehe ich bereits die Party vor mir. Alle Wiesenbewohner unterhalten sich, tanzen und lachen und haben einen Riesenspaß. Und mittendrin sehe ich Erdstößer und Florina, die vor Freude strahlen.
Lächelnd schlafe ich ein.


16. Dezember – „Nächtliche Begegnung“ von Doro

Hamstermädchen Tara huschte über das abgeerntete Feld. Der Herbstwind fegte über das Land, wirbelte Blätter und kleine Ästchen in die Luft, spielte mit ihnen und ließ sie wieder zu Boden sinken. Tara war froh, dass sie ihr Winterfell hatte. Tagsüber wärmte die Herbstsonne, aber abends wurde es empfindlich kalt. Tara fand es schade, dass sie die kommenden Monate unter der Erde in ihrem Bau würde verbringen müssen. Deshalb wollte sie sich genau merken, wie alles roch, die Farben abspeichern. Als Erinnerung für triste Wintertage.
Sie rannte kreuz und quer über die Wiese, kletterte schließlich einen Haselstrauch hinauf.
„He!“, rief jemand. „Hau ab. Hier schlafe ich.“
"Ich will überhaupt nicht schlafen", sagte Tara und schaute sich um, konnte jedoch niemanden entdecken. Aber sie hörte ein leises Rascheln. Sofort drehte sie sich um, was in luftiger Höhe gar nicht so einfach war.
„Du bist zu fett für den Ast“, kommentierte die Stimme.

„Gar nicht!“, empörte sich Tara.
Endlich erkannte sie an einem Zweig über ihr einen Schmetterling. Er hatte die Flügel zusammengeklappt und lag zwischen einigen Haselnüssen auf einem Blatt. Tara schlug mit der Pfote gegen den Zweig, sodass dieser hin und her schaukelte.
„Spinnst du?“, kreischte der Schmetterling, klammerte sich fest, so gut das mit den dünnen Beinen ging und schlug aufgeregt mit den Flügeln. „Wenn ich hier der Chef bin …“
Tara prustete los, hielt aber vorher den Zweig fest. „Jetzt weiß ich, wer du bist. Du bist Farfalla. Hab schon von dir gehört. Mein Bruder sagt, du bist ein Angeber. Du willst also Chef werden?“
„Wer denn sonst?“
Tara zuckte mit den Achseln und überlegte. „Sigrid“, sagte sie schließlich.
„Der olle Waldkauz? Pfft! Der ist genauso verstaubt wie seine Ansichten.“
„Sigrid ist ziemlich schlau, kann fliegen und ist das ganze Jahr über wach.“
„Ich kann viel schneller fliegen.“
„Aber nur solange es warm ist.“ Tara kratzte sich den Rücken an der Rinde und setzte sich in eine Astgabel. „Oder Fritz, mein Bruder oder einer meiner Cousins. Die sind cool und auch ziemlich schlau.“
Farfalla klappte die Flügel wieder ein. „Ihr könnt noch nicht mal fliegen. Besonders gut sehen könnt ihr auch nicht. Am besten, ihr bleibt unter der Erde. Und sobald es wieder warm wird, werde ich mich in den Himmel schrauben. Das Sonnenlicht fängt sich in meinen Flügeln und lässt sie glitzern. Als hätte ich einen Königsmantel an.“
„Träum weiter“, knurrte Tara und kletterte hinunter, ohne sich zu verabschieden. Mit hängenden Ohren schlich sie in Richtung des Hamsterbaus.
"Ich weiß ja nicht, ob es dich interessiert, Kleine", hörte sie noch einmal Farfallas Stimme von weit oben, "aber morgen findet eine Wiesenparty statt. Vielleicht willst du ja auch kommen. Bring aber bitte bessere Laune mit. Also, gute Nacht!"
Tara grinste. Eine Party! Das klang gar nicht schlecht. Vielleicht ...
Ein „Hu, hu“ ließ sie zusammenzucken. Hektisch sah sie sich nach einem Versteck um. Sie entdeckte ein Erdloch und kroch hinein. Ein bedrohliches Fauchen belehrte sie, dass hier jemand wohnte. Sie presste sich an den Stamm einer mächtigen Eiche. Ihr Herz raste.
„Keine Angst“, krächzte die Eule und lachte, was sich anhörte, als würde jemand Metall sägen, „ich hab schon gegessen. Welche Laus ist dir über die Leber gelaufen? Ich bin übrigens Sigrid.“
Zögernd zeigte sich Tara. „Ich kann nicht fliegen“, erklärte sie. „Ich werde nie dem Himmel nah sein.“
„Komm mit!“, befahl der Waldkauz und flatterte voraus. So schnell sie konnte, rannte Tara hinterher. Am kleinen Weiher deutete Sigrid auf die Wasseroberfläche. „Sag mir, was du siehst.“
Verwundert stellte sich Tara ans Ufer und starrte sekundenlang aufs Wasser. „Den Mond“, erklärte sie.
„Und wo ist der Mond?“
„Am Himmel?“, gab Tara unsicher zurück.
„Ganz genau. Merke dir: Man muss nicht fliegen können, um dem Himmel nah zu sein. Und jetzt lauf nach Hause.“
Tara nickte, rannte los, drehte sich nochmals um. „Danke!“, rief sie, doch Sigrid war bereits verschwunden.


17. Dezember – „Vorbereitungen“ von Doro

„Habt ihr das schon gehört?“, rief Tara und plumpste durch die Fallröhre in den Bau. „Es gibt morgen eine Party. So nice. Und alle sind eingeladen! Cool, oder?“
„Woher das Kind diese Ausdrücke hat“, meckerte die Tante.
„Kein Fake?“, wollte Fritz wissen.
Tara hielt die Pfote hoch. „Ich schwöre, Bruder. Ich hab Cordulia getroffen. Ihr wisst schon, die Libelle. Die weiß es von Oktobrachia und die …“
„Okay!“ Fritz hielt ihr die Schnauze zu. Das konnte sie leiden wie Bauchweh, wenn sie zu viele Maiskörner gefressen hatte. Sie schüttelte seine Hand weg, starrte ihn böse an.
„Eine Party. Mal was andres“, sagte der Cousin grinsend, hieb Fritz mit der Pfote auf die Schulter. "Da sind wir natürlich dabei."
"Die ist aber erst morgen!", sagte die Mutter mahnend. "Jetzt geht ihr alle erst einmal schlafen."
Murrend gehorchten alle, doch kaum schob sich die Sonne über den Horizont, waren Tara und die anderen hellwach und bereit.
„Let’s go", sagte Fritz und rieb sich die Hände. "Die brauchen bestimmt Profis bei den Vorbereitungen und so.“
Tara wollte sich ihnen anschließen, aber die Mutter packte sie am Nackenfell. „Stopp. Was ist mit den Vorräten?“
„Später“, sagte Tara und nutzte einen unachtsamen Moment der Mutter, um zu entkommen. So schnell sie konnte rannte sie durch die Gänge an die Erdoberfläche und lief über die Wiese in Richtung des Wiesen-Cafés. Fast wäre sie über ein Blechteil gestolpert. Spielzeug nannten die Zweibeiner das. Überall lag deren Mist rum.
„Es gibt eine Party. Jeder kann kommen!“, rief sie allen zu, die unterwegs ihren Weg kreuzten. Plötzlich hörte sie ein Weinen. Sie stoppte, spitzte die Ohren, folgte dem Geräusch.
„Was ist denn los?“, fragte sie, als sie vor einem Gänseblümchen stand. „Heute gibt’s Party. Bei uns auf der Wiese. Echt krass. Du kannst auch kommen.“
„Ja, wie denn?“, schniefte die Blume. Tränen tropften von der Blüte.
Tara wollte etwas entgegnen, da fiel ihr ein, dass Pflanzen keine Beine hatte. „Kann man nix machen“, wollte sie gerade entgegnen, da hatte sie eine Idee.
„Ich bin gleich wieder da!“, rief sie und rannte zum Teich. Tatsächlich lieferten sich die Libelle und der Schmetterling ein Duell im Rückwärtsfliegen. „He!“, schrie sie und hüpfte wie ein Gummiball rauf und runter. Es dauerte eine Weile bis Farfalla und Cordulia sie bemerkten. „Los!“, befahl Tara. „Ihr müsst mir helfen.“
„Bei was?“, wollte Farfalla wissen, aber Tara war bereits auf dem Rückweg. Da Cordulia ihre Freundin war, würde sie auf alle Fälle folgen. Sie lief zu der Stelle, wo sie das Spielzeug gesehen hatte, nahm die Schnur ins Maul und zog das Fahrzeug zur Blume. Farfalla lehnte an einem Grashalm. „Was soll das?“
„Wir heben Florina auf das Auto. Ihr haltet sie fest, während ich euch zum Wiesencafé ziehe. Wie soll sie sonst bei der Party dabei sein?“
„Welche Party?“, fragte Cordulia.
Tara verdrehte die Augen. „Die Party. Das Event auf unsrer Wiese. Jeder ist eingeladen. Sag bloß, das wisst ihr nicht?“
"Ach so, DIE Party", murmelte Cordulia verlegen.
"Logo wissen wir davon!“, sagte Farfalla, "Das Ganze war doch meine Idee. Weil Florina die Wiesenbewohner kennenlernen möchte. Es ist mir ein Rätsel, wie sie das vergessen konnte. Haben Gänseblümchen kein Gedächtnis? Na, wie auch immer, eigentlich sollte die Party deshalb hier stattfinden. Aber beim Wiesencafé ist auch eine gute Idee."
Tara war sich nicht sicher, ob er schwindelte. In dem Moment begann der Boden sich zu bewegen. Tara machte einen erschrockenen Satz und stieß einen Schrei aus. "Locker bleiben", sagte Farfalla lachend. "Das ist Erdstößer, der Maulwurf. He, kleiner Schaufelbagger, die Party findet beim Wiesencafé statt!"
Eine kleine rosa Nase schob sich aus der Erde. "Also doch ohne uns?", fragte der Maulwurf betrübt.
"Quatsch", sagte Tara. "Natürlich seid ihr dabei. Hilf mir mal, Florina auszugraben, ja?"
Sie buddelte also mit Erdstößers Hilfe das Gänseblümchen aus und mit vereinten Kräften hoben sie sie auf den Wagen. Sie kamen gehörig ins Schwitzen, aber sie schafften es. Über- und untererdig machten sich alle auf den Weg und wurden wenig später mit großem Hallo im Wiesen-Café empfangen.


18. Dezember – „Die Party beginnt“ von Sturmruhe

Als Papa Paul laut brummend zur Landung ansetzte, wie immer mit Sunny Li im Huckepack, wunderte er sich nicht schlecht. Das waren doch nicht die Wiesenbewohner, wie er sie kannte! In einem ordentlichen Halbkreis aufgereiht saßen sie vor der mit leuchtend gelben Schlüsselblumen, rosa Heckenröschen und fast violett schimmernden Glockenblumen geschmückten Bühne am Gluckerbach. Unglaublich, dachte er, alle im selben Abstand, und sie flüsterten! Was war denn hier los?
“Hey, Freunde, Party Time! Schlaft nicht ein“, rief er gut gelaunt in die Runde.
„Pssssst!“ die Spinne Oktobrachia legte einen ihrer vielen Zeigefinger vor den Mund. „Luzi spinnt!“
Zu spät, da kam das Glühwürmchen schon um die Ecke gehechelt und ließ ihre frisch geputzte Lampe zwischen Papa Paul und der Spinne hin- und herschwingen. „Häär härrscht Ordnong“, dozierte sie in ihrem typischen Näselton. „Äch achte darauf, dass näämand zu laut sprächt oder zu viel trinkt! Jäder nur einen wäänzägen Schlock!“
Papa Paul ließ seinen Glimmstängel von einem Mundwinkel zum anderen wandern, schob seinen Eichelhut verwegen in die Stirn und zwinkerte Sunny Li und Ricky zu. „Sag mal, Luzi, willst du dich nicht ein bisschen um Florina kümmern? Das Gänseblümchen steht da mutterseelenallein, sie kann ja nicht einfach ihre Wurzeln aus dem Erdreich lösen und sich in deinen wunderbar ordentlichen Halbkreis stellen.“
„Stämmt!“ Luzi drehte sich resolut um und leuchtete Florina an. Die hob ihr mit Regenwasser gestyltes Köpfchen und lächelte schüchtern.
„Los, jetzt!“ Papa Paul nickte Ricky zu. Sie sprangen auf die Bühne und der Marienkäfer-Dandy setzte seinen frisch gezupften Grashalm an die Lippen. „Polka“, rief Sunny Li. Sie zog sich in ihre Verstärkerhöhle zurück, während Papa Paul an den Spinnweben seiner Bassgitarre zu zupfen begann. Ricky entlockte seinem Grashalm schmissige Töne und Lucy Li ließ ihren wildesten Schnecken-Polkarock ertönen.
Nun hielt es die Wiesenbewohner nicht mehr länger an den ihnen aufgezwungenen Plätzen.
Lachend und fröhlich schwatzend bretterten sie im Polkaschritt über die plattgewalzte Tanzfläche. Cordulia, die Libelle, schaffte es sogar, nicht über ihre eigenen Flügel zu stolpern, als sie mit Mariposa, dem Schmetterling, ein paar Runden drehte. Sogar Erdstößer, der griesgrämige Maulwurf, steckte den Kopf aus seinem Erdloch. Tara, das Feldhamstermädchen, reichte ihm einen Blütenbecher voll Honigmet. „Hier, sollst auch nicht leben wie ein Straßenköter“, sagte sie. Erdstößer ließ sich nicht zweimal auffordern. Das war ja fast so gut wie Schwimmen!
Mistkäfer Bodo sah sich nach Farfalla um. Natürlich, der drehte und wendete sich mal wieder über der schimmernden Oberfläche des Bächleins. Dann tanze ich eben mit Mariposa, Schmetterling ist Schmetterling, dachte er sich und walzte mit Farfallas Schwester im Kreis herum. Selbst die Glühwürmchen-Brigade hatte sich an den Händen gefasst und schunkelte im Rhythmus der Schneckenpolka, dass ihre Lampen nur so flogen.
Und Luzi? Sie hielt der armen Florina einen Vortrag über Zucht und Ordnung, während sich der faule Paul mit Honigmet volllaufen ließ. Er war sowieso am liebsten allein und für eine Raupe gibt es nichts Schöneres, als den ganzen Tag etwas in sich hineinzustopfen. Ein schönes Fest, murmelte er schläfrig und rülpste begeistert, bevor er nach dem nächsten Blütenbecher griff.


19. Dezember – „Ungebetener Besuch“ von Bree

Die Party war gerade so richtig in Schwung geraten, als Cordulia, mit der ich in der Luft ein Tänzchen wagte, plötzlich innehielt. Ihre Augen wirkten so riesig, als hätte sie einen angriffslustigen Hornissenschwarm entdeckt.
"Was ist denn?", fragte ich besorgt und schaute mich rasch um.
"Da!", flüsterte sie und wies Richtung Norden. Ich folgte ihrem Blick und schluckte. "Ach du dicker Regenwurm. Was will der Fuchs denn hier?"
"Die Party kaputtmachen?", riet Cordulia.
Ich überlegte. Gut, er war groß genug, um die langsameren unter uns zu zertrampeln, aber so viel ich wusste, fraßen Füchse eher Mäuse, Kaninchen und Eier als Spinnen und Mistkäfer. Ganz sicher war ich mir jedoch nicht. Bestimmt war es besser, vorsorglich die anderen zu warnen.
"Du bleibst hier", ordnete ich kurzerhand an. "Ich informiere die anderen. Wenn er angreift, dann schrei so laut du kannst."
"Okay." Cordulia nickte und flog noch ein wenig höher. Vielleicht, um einen besseren Überblick zu haben. Ich nahm allerdings an, dass sie einfach den Abstand zwischen sich und dem Rotfell vergrößern wollte.
So schnell ich konnte, flatterte ich nach unten und landete direkt vor Sunny Li. Mit ihrem Schneckenhaus als Verstärker konnte sie alle auf einmal warnen.
"Seid mal still!", bat ich die Musiker, die einer nach dem anderen zu spielen aufhörten. Dann sagte ich Sunny Li, was sie den anderen mitteilen sollte.
"Okay, hört mal alle her!", rief sie, und ihre zarte Stimme hallte vernehmlich durch das Schneckenhaus und über die Partygäste. "Farfalla bittet mich, euch zu sagen, dass offenbar ein Fuchs auf dem Weg hierher ist."
Vereinzelt hörte ich panisch klingende Rufe und aufgeregtes Getuschel.
"Wir wissen nicht, was er vorhat", sprach Sunny Li weiter. "Aber es ist wohl besser, wenn ihr erst einmal in Deckung geht."
"Füchse mögen Insekten", rief Bodo, mein Mistkäferfreund. "Mein Großonkel mütterlicherseits wurde von einem gefressen." Seine Stimme brach und er legte erschüttert eine Käferhand über die Augen. Seine Mundwinkel zitterten. "Ich will nicht gefressen werden", schloss er schluchzend.
Ich rollte mit den Augen. Typisch Bodo. Er war prima darin, Weltuntergangsstimmung zu verbreiten.
"Vielleicht hat er gar keinen Hunger, sondern ist nur neugierig", versuchte ich, die aufkommende Panik im Keim zu ersticken.
"Er kommt!", kreischte Cordulia über mir.
Mein Herz begann schneller zu schlagen. Die Partygäste wuselten augenblicklich durcheinander und suchten sich Verstecke. Tara folgte Erdstößer flink in seinen Bau. Sie war besonders gefährdet, fiel mir ein. Ein Hamster war ein größerer Leckerbissen als eine Spinne oder ein Glühwürmchen. Oktobrachio und Luzi kletterten eine Sonnenblume hinauf, die Rentnerband verkroch sich unter einem Farnblatt, Paul, die Raupe, fraß sich so schnell, dass einem vom Zusehen schlecht werden konnte, in einen vom Baum gefallenen Apfel. Eine Welle der Zuneigung erfasste mich, als ich sah, dass meine Schwester Mariposa ihre Flügel schützend über Florina ausbreitete. Dabei war sie selbst vermutlich eher gefährdet als das Blümchen. Ich wollte gerade etwas Entsprechendes in ihre Richtung rufen, als das Gras zu wippen begann. Der Fuchs kam im Galopp auf mich zu gerannt. Instinktiv stieß ich mich ab und schaffte es gerade noch, so hoch zu flattern, dass er mich nicht erwischen konnte. Wobei, er versuchte es nicht einmal.
"Stimmt es", rief er zu mir hinauf, "dass hier irgendwo eine Party stattfindet?"
Hektisch schüttelte ich den Kopf. "Äh, nö, ganz bestimmt nicht."
Er ließ traurig den Kopf hängen. "Schade. Ich wollte so gern mitfeiern."
"Ja ja", sagte ich und konnte mir einen gewissen Sarkasmus nicht verkneifen. "Indem du dir die Partygäste als kaltes Buffet reinpfeifst, hm?"
Er hob den Kopf und sah mich an. Sein Blick spiegelte ehrliches Erstaunen. "Wie kommst du denn auf die Idee? Ich bin Vegetarier und esse nur Beeren und andere Früchte. Aber ich dachte, die Wiesenbewohner könnten vielleicht auf mir reiten."
Hm, dachte ich, das klingt in der Tat ziemlich witzig. Aber konnten wir diesem angeblichen Vegetarier wirklich trauen?


20. Dezember – „Spaß mit Carlo“ von Bree

Ehrlich“, rief der Fuchs zu mir hinauf, „ich will euch nichts tun. Mein Name ist Carlo und ich bin neu hier auf der Wiese. Darum würde ich gern alle anderen kennenlernen und mich mit ihnen anfreunden.“
„Und du willst wirklich niemanden von uns fressen?“, vergewisserte ich mich noch einmal.
Er schüttelte seinen hübschen rotweißen Kopf. „Ganz bestimmt nicht.“
Langsam flatterte ich tiefer. „Darf ich auf deinem Rücken landen?“
„Klar!“, rief er begeistert. Also wagte ich es. Wow, was für ein weiches Fell! Nicht so weich wie das von Erdstößer, aber auch sehr schön.
„Sunni Li!“, rief ich, „Entwarnung!“
„Sicher?“
„Ja! Die anderen können rauskommen.“ Ich hoffte inständig, dass ich keinen Fehler beging. Aber eine innere Stimme sagte mir, dass ich diesem Fuchs trauen konnte. Vorsichtig wagte sich ein Wiesenbewohner nach dem anderen aus seinem Versteck hervor.
Cordulia schwirrte vor Carlos Gesicht herum und musterte ihn prüfend. Luzi hatte die kleinen Ärmchen in die Seiten gestemmt und fixierte den neuen Besucher misstrauisch.
„Da stelle mer uns mal janz dumm und fragen: Watt willste hier?“, sagte sie.
„Mitmachen“, antwortete Carlo. Ich konnte seine Miene zwar nicht sehen, konnte mir aber seinen treuherzigen Blick lebhaft vorstellen.
Luzis Hinterteil leuchtete auf. „Soso.“
„Boah, du leuchtest ja!“, rief Carlo verblüfft.
Nun näherten sich auch die anderen. Die meisten recht zaghaft, nur die vorwitzige Tara – ausgerechnet! – traute sich dicht an Carlo heran.
„Wir dürfen auf dir reiten?“, fragte sie. „Ich hab gehört, wie du das gesagt hast.“
Carlo legte sich flach auf den Boden. „Steig auf“, sagte er.
„Wie cool!“ Tara strahlte und kletterte flink auf seinen Rücken.
Oktabrachia war die nächste, sie hockte sich neben mich. Dann folgten Papa Paul mit Sunny Li und Ricky. Bodo hob die Raupe auf und trug sie ebenfalls zu uns.
„Himmel, bist du schwer“, keuchte er, als er sie absetzte, und wischte sich über die Stirn. Nur Erdstößer winkte ab. „Nein danke, ich bleibe lieber hier bei Florina, wir schauen euch zu“, sagte er.
Carlo kam auf die Füße. Das schaukelte ganz schön.
„Gut festhalten!“, rief er und begann, mit uns auf seinem Rücken über die Wiese zu spazieren. „Schneller!“, rief Tara, also steigerte er sein Tempo. Prompt kullerte Paul, die Raupe, hinunter, doch sie lachte, als sie auf dem Gras landete. Eine richtig große Runde drehte Carlo mit uns allen, dann kletterten wir vergnügt wieder von ihm herunter und hatten alle noch einen vergnüglichen Abend.




(Fortsetzung folgt)


Der Kriminalschriftsteller ist eine Spinne, die die Fliege bereits hat, bevor sie das Netz um sie herum webt.
(Sir Arthur Conan Doyle)

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