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SGZ 28/ Ein Verhör ist keine Therapiesitzung

in Die Geschichten der Woche 10.07.2023 23:33
von Carlotta Lila • Federlibelle | 2.151 Beiträge | 9415 Punkte

Was bisher passierte: Sylvia und ihre Schwester Ada gehen in die gleiche Schule. Ada ist jünger (ca. 14) als Sylvia. In Adas Klasse wird plötzlich ein Mädchen (Jeanie Schauer) ermordet im Park aufgefunden. Danach kommt die Polizei in die Schule und führt Befragungen durch. Nurgül, eine der Polizistinnen (Inspektorin) möchte mit Sylvia über Ada reden.Ada verschwindet aber im Park, wo sie von einem Dealer (Tom) Drogen konsumiert - etwas, das sie noch nie zuvor gemacht hat. Währenddessen gehen die Befragungen an der Schule weiter. Von der Polizistin Nurgül erfährt Sylvia, dass Ada und die tote Jeanie in Sylvias Klassenkollegen Jonas verliebt waren. Deswegen hat es einen bösen Streit mit Jeanie gegeben, denn Ada war eifersüchtig.Und dann: Auf einmal macht Nurgül Jonas zum Hauptverdächtigen und keiner weiß warum.Nachdem Ada Ada im Park ihren Rausch ausgeschlafen hat, kehrt sie nach Hause zurück, wo sie erfährt, dass ihre Freundin Dodo auch im Park getötet wurde.Sie erzählt endlich ihrer Schwester Sylvia, warum sie sich an Jeanies Tod so schuldig fühlt. Erst jetzt wird ihr richtig bewusst, dass Dodo zu der Zeit getötet wurde, als sie sich ebendort mit den Drogen von Dealer Tom zugdröhnt hat.Tom wird derweil von seiner Mutter angerufen, die ihn bittet, wieder zu seiner Therapeutin zu gehen. Die bittet ihn, endlich der Polizei zu erzählen, was er weiß.


Ein Verhör ist keine Therapiestunde


Polizeiinspektorin Nurgül saß in ihrem Büro. Sie befragte Tom, der ihr gegenüber am Schreibtisch Platz genommen hatte und nun nervös mit seinen niktotingelben Fingern spielte.
„Schön, dass Sie freiwillig eine Aussage machen wollen. Was können Sie mir über Einar erzählen?“
„Einar hat Ralf Kunden verschafft. Meistens die Kids aus der Schule.“
„Aber Sie haben auch gedealt, oder?“
„Wir haben uns das Revier geteilt. Vor ein paar Tagen hat Einar dann diese Jeanie gebracht. Ein echt heißer Feger die Kleine, wenn Sie wissen, was ich meine. Jammerschade, dass sie tot ist.“
„Äh, ja natürlich.“ Nürgül zog ihre Augenbrauen hoch.


„Was diese Barbie mit dem Fettkloß vorhatte, war mir völlig unklar. Und Ralf ... ja, der fuhr total auf sie ab. Wäre aber jedem so gegangen.“
„Thomas, glauben Sie, dass Ralf Jeanie vergewaltigt und umgebracht hat?“
Tom fuhr sich durch die dichten, unfrisierten Haare. „Eher nicht. Ralf ist Dealer, kein Psychopath. Gut, er war aggressiv, aber mit Frauen gabs keine Probleme. Er sieht gut aus. Mafiosityp.“
„Hm. Wie meinen Sie das genau?“
„Na, liegt doch auf der Hand, er hat‘s nicht nötig, sich mit Gewalt zu nehmen, was er auch so kriegen kann.“
„Einar hatte da Ihrer Ansicht mehr Probleme?“
„Wär möglich.“


„Für Sie hat Einar nicht gearbeitet?“
„Der hat doch nichts in der Birne. Mit so wem fang ich nichts an.“
„Was hatte Jeanie mit ihm zu schaffen?“
„Das ist mir auch ein Rätsel“, sagte Tom.
„Ich kann da vielleicht mit Informationen nachhelfen: Wir haben gehört, dass Jeanie in der Schule mit ein paar Mädels Streit hatte. Die haben Sie in den Park gezerrt und verprügelt. Jeanie ist dann von Einar aufgegabelt worden. War die passende Gelegenheit für ihn, sich als Retter in der Not aufzuspielen. Wussten Sie, dass Einar der Sohn des Schulwarts von der Kunstgewerbeschule ist?“
„Äh, nein. Ich war nie in der Schule.“
„Dann sind Sie wohl Analphabet?“ Nurgül grinste.
„Verschaukeln Sie mich? Ich meine, ich war nie in dieser Kunstgewerbeschule drin.“
„Tut mir leid, das war unter der Gürtellinie. Ich hoffe, sie sind nicht beleidigt.“
„Schon gut.“ Tom grinste vorsichtig.


Nurgül wurde wieder ernst: „Ok reden Sie weiter!“
„Jeanie wollte einen Joint rauchen. Einar hat ihn bei Ralf gekauft.“
Nurgül sah ihn fragend an.
„Ich hab’s mitgekriegt, weil ich Schmiere gestanden bin. Hab‘ ich doch schon gesagt. Aber das wars dann auch schon, danach habe ich mich verdrückt.“ Verdammt, er hatte schon viel zu viel geredet, er hatte doch nichts mit dem Mord zu tun.
„Was wissen Sie noch?“, bohrte Nurgül weiter.
„Warum befragen Sie Ralf und Einar nicht selber“, meinte Tom.
„Wissen Sie vielleicht, wo dieser Ralf wohnt?“
„Nö, sollte ich das?“
„Werden Sie ja nicht frech, Mann!“
„Und Einar, den könnt ihr Polizeifuzzis auch nicht finden, oder?“
Nurgül funkelte ihn wütend an. „Nun Thomas, Ihre Aussage reicht auf jeden Fall um einen vorläufigen Haftbefehl gegen Ralf und Einar auszustellen. Ich würde sagen, Einar wegen Mordverdacht und Ralf wegen Dealerei. Und Sie …“
„Was schauen sie mich an, wie eine Klapperschlange? Ich hab‘ doch nichts getan.“
„Sie müssen sich als Zeuge bereithalten. Ich hoffe, dass wir in diesem grässlichen Mordfall bald zu einem Abschluss kommen. Wenn Sie mit uns kooperieren, kann sich das positiv auswirken. Immerhin könnte ich Sie auch gleich verhaften lassen.“
„Halt, halt, halt. Ich habe niemanden umgebracht. Nur dieses rabiate Nönnchen ist beinahe krepiert …“, entfuhr es ihm. Mist, das hätte er jetzt nicht sagen sollen. Das ist keine Therapiestunde, das ist ein Verhör!


Aber es war schon zu spät. Natürlich bohrte die grünäugige Polizistin sofort wieder tiefer: „Wer, wann und was? Ich will alles wissen. Wehe, sie verschweigen was!“
Tom sah sich nun gezwungen, alles zu erzählen. „Das Nönnchen hat mich regelrecht gezwungen, ihr was zu geben. Sie war komplett durchgeknallt. Ich hab‘ dann sogar eine Weile aufgepasst, als sie umgekippt ist.“
„Thomas, wieso sagen Sie immer ‚Nönnchen‘?“
„Na, weil sie verschleiert war. Schwarz.“
„Das war also Ada“, stellte Nurgül fest. „Jeanies Feindin. Dachte, sie sei schuld an ihrem Tod." Sie schlug die Hände vors Gesicht. Mein Gott, lauter spinnende Teenies!“
„Hören Sie, ich hab‘ nie mit harten Zeugs gedealt.“ Für einen kurzen Moment sah Tom das ohnmächtige Kind vor sich auf der Matratze liegen. Er war ganz schön in Panik geraten.


„Halten Sie sich etwa für einen Dealer mit Moral, Thomas?“
„Sozusagen“, erklärte Tom vorsichtig.
„Jetzt reichts mir aber.“ Nurgül fuhr wütend in die Höhe. Dealerei ist ein Delikt, Mister Cool! Sie verkaufen Drogen an Minderjährige. Und das, trotzdem Sie auf Bewährung raus sind und in Therapie gehen. Was bilden Sie sich eigentlich ein?“
„Sie müssen nicht gleich so böse werden.“ Tom sah so zerknirscht drein, dass Nurgül Mühe hatte ernst zu bleiben. Aber sie zwang sich dazu. „Sind sie ebenfalls verdächtig. Auch Sie könnten die Morde begangen haben, um es ganz klar zu sagen.“
„Wenn ich gewusst hätte, dass Sie mich da mitreinziehen wollen, wäre ich echt nicht gekommen.“
„Zu spät.“


„Verhaften Sie mich jetzt etwa?“
„Zu wenig Beweise Mr. Cool. Verschwinden Sie jetzt. Aber nicht vergessen: Sie müssen sich bereithalten.“

„Ich habe nichts mit den Morden zu tun“, rief Tom noch einmal. Das kann ich Ihnen beweisen!“ Komisch, je öfter er es sagte, desto mehr fühlte er sich plötzlich wie ein Lügner. Es war ihm, als könnte er seiner eigenen Erinnerung nicht mehr trauen.
„Liefern Sie mir den oder die Mörder, wenn Sie sich so sicher sind, es nicht selber zu sein. Und jetzt auf Wiedersehen.“

Nurgüls Handy läutete und sie ging ran. Machte ein überraschtes Gesicht. Deutete Tom plötzlich handwedelnd zu bleiben und stellte das Handy auf laut, sodass er mithören konnte.


„Wir haben eine neue Leiche, Inspektor. Diesmal ein Mann. Erstochen. Die Spürhunde haben ihn gefunden. Er lag im Park in einer Mulde. Schaut echt übel aus. In seiner Hosentasche war sein Ausweis. Es scheint sich um Einar Lindner zu handeln.“
„Wir müssen sofort Ralf finden“, rief Nurgül.
„Wen?“
„Er ist ein Dealer und vermutlich in die Morde verwickelt.“
„Mafiosityp“, formte Tom mit den Lippen.
„Sieht wie ein Mafiosi aus“, erklärte Nurgül.
„Einen Moment Inspektor.“ Die Stimme des Kollegen senkte sich zu einem Flüstern: „Da ist jemand in der Nähe, auf den die Beschreibung vielleicht zutrifft. Wir haben uns nicht um den gekümmert, dachten, da schläft einer seinen Rausch aus.
„Sind Sie noch zu retten? Verhaften Sie den Mann und bringen Sie ihn aufs Revier!“


Endlich, dachte Nurgül. Unwillkürlich ergriff sie den Brieföffner vor sich, ein Messer aus glänzenden Messing und rammte es in ihren Schreibtisch, sodass Tom erschrocken zurückfuhr.
„Yesssss!“


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#2

RE: SGZ 28/ Ein Verhör ist keine Therapiesitzung

in Die Geschichten der Woche 14.07.2023 11:50
von Bree • Federlibelle | 4.337 Beiträge | 17414 Punkte

Liebe @Carlotta Lila

ach herrje, noch ein Toter! Ich hoffe wirklich, dass sie jetzt bald den oder die Täter finden.
Gut, dass Tom mit der Sprache herausrückt und hilft, den Fall zu lösen. Blöd nur, dass ihm die Bemerkung mit Ada herausgerutscht ist.

Drei Kleinigkeiten:

Zitat von Carlotta Lila im Beitrag #1
Einar hat ihn bei Jens gekauft.“

Damit war wohl wieder Ralf gemeint?

Zitat von Carlotta Lila im Beitrag #1
Und das, trotzdem Sie auf Bewährung raus sind

Sagt man es so in Österreich? Wir würden "obwohl" sagen.

Zitat von Carlotta Lila im Beitrag #1
„Wir müssen sofort Ralf finden“, rief Nurgül.
„Wen?“
Dealer und in die Morde verwickelt.“

Ich hab das Gefühl, hier fehlt das eine oder andere Wort ...

Bin gespannt, wie es weitergeht!

LG
Bree


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#3

RE: SGZ 28/ Ein Verhör ist keine Therapiesitzung

in Die Geschichten der Woche 15.07.2023 00:47
von Carlotta Lila • Federlibelle | 2.151 Beiträge | 9415 Punkte

Liebe @Bree, danke fürs Lesen und die Bemerkungen! Ja, man kann in dem Satz 'trotzdem' (mit Betonung auf 2. Silbe) statt 'obwohl' sagen. Aber ehrlich gesagt 'trotzdem' klingt hier irgendwie zu hochgestochen ... wird ausgetauscht!
Tja und ich weiß nicht, warum mir immer wieder der Jens reinrutscht!
Bin auch schon froh, wenn der Krimi endlich fertig ist .... habe so eine Ahnung, wie es ausgehen soll. In der nächsten Folge schließe ich sicher ab. Fall ich ihn mal verwende, gibt's viel zu überarbeiten, das ist jetzt schon klar 😀
LG
Carlotta Lila


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#4

RE: SGZ 28/ Ein Verhör ist keine Therapiesitzung

in Die Geschichten der Woche 16.07.2023 08:31
von Doro • Federlibelle | 2.350 Beiträge | 9189 Punkte

Liebe @Carlotta Lila ,

du machst es ja echt spannend! Noch ein Toter. Aber immerhin ein Verdächtiger. Ob der es wirklich war?


Zitat von Carlotta Lila im Beitrag #1
ein Messer aus glänzenden Messing
Ich würde schreiben: ein Messer aus glänzendem Messing.


Zitat von Carlotta Lila im Beitrag #3
In der nächsten Folge schließe ich sicher ab.




Zitat von Carlotta Lila im Beitrag #3
Tja und ich weiß nicht, warum mir immer wieder der Jens reinrutscht!
Mir passiert das, wenn ich am Anfang einer Geschichte andere Namen verwende. Irgendwann ändere ich sie, aber die ursprünglichen Namen sind so präsent, dass sie immer wieder auftauchen.


LG
Doro


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