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SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 20.03.2022 09:35von Doro • Federlibelle | 2.515 Beiträge | 9878 Punkte
Als der Osterhase krank war
Der Osterhase lehnte sich gegen den Eingang. Was war nur mit ihm los? Und wo blieb der Rest der Osterhasenfamilie? Schließlich war morgen Ostersonntag. Es gab eine Menge Arbeit. Zwar waren alle Eier gefärbt und die Tragekörbe mit ihnen befüllt. Aber nun galt es, die bunten Eier zu verteilen.
„Hallo!“, rief er. „Wir müssen los! Los raus aus den Federn.“ Genau genommen raus aus den Moosbetten.
„Tut mir leid“, antwortete die Osterhasenfrau. „Mir geht es gar nicht gut und den Kindern auch nicht. Wir sind krank. Du musst die Eier allein verteilen.“
„Na super“, dachte der Osterhase. „Und wie genau soll ich das schaffen?“
Er ließ sich auf den Boden plumpsen. Normalerweise war er stolz auf sein schönes Fell, aber heute wünschte er sich, er könne es ausziehen. So wie die Menschen es machten. Ihm war so heiß. Außerdem war er schlapp. Er schleppte sich zurück in die Schlafstube.
„Bestimmt irgendein Virus“, vermutete die Osterhasenfrau mit matter Stimme. „Ostern fällt dieses Jahr aus.“
„Das geht nicht“, widersprach der Osterhase und ihm wurde noch heißer. „Was sollen die Kinder denken?“
„Dass der Osterhase krank ist“, schlug die Osterhasenfrau vor.
„Oder“, entgegnete eines der Osterhasenkinder, „dass der Osterhase keinen Bock hat.“
Der Osterhase war entsetzt. „Das geht nicht. Unmöglich. Wir müssen eine Lösung finden.“ Aber wie die aussehen sollte – er hatte keine Ahnung.
„Wir brauchen einen Ersatz“, sagte die Osterhasenfrau.
„Und wen?“, wollte der Osterhase wissen.
Ratlos sah sich die Osterhasenfamilie an.
„Frag doch den Weihnachtsmann“, schlug eines der Osterhasenkinder vor. „Schließlich hast du ihm auch schon geholfen, als er die Kotzerei hatte, weil er zu viele Plätzchen gefuttert hat.“
„Deine Ausdrucksweise“, begann die Osterhasenfrau. Doch sie sprach den Satz nicht weiter. Sie wussten auch so, was sie hatte sagen wollen.
„Ja“, sagte der Osterhase. „Das stimmt. Vor ein paar Jahren sind wir für den Weihnachtsmann eingesprungen. Das ist eine sehr gute Idee.“
Die Osterhasenfrau reichte ihm einen Tee. „Riecht furchtbar“, erklärte sie, „hilft aber, schneller wieder gesund zu werden.“
Er schnupperte daran. Sie hatte recht. Das Zeug stank fürchterlich. Da sie ihn beobachtete, holte er tief Luft und kippte alles auf einmal hinunter. Dann schüttelte er sich. Er klappte eins der Ohren herunter und rieb daran. Ein untrügliches Zeichen bei ihm, dass er angestrengt nachdachte. „Allerdings ist der Weihnachtsmann um die Zeit im Urlaub. Wäre aber nur für einen Tag. Dann kann er sich weitererholen.“ Er sah aus dem Fenster, obwohl er dort nichts sehen konnte, denn es war dunkel. „Du hast doch so ein Teil“, meinte er schließlich zum ältesten Osterhasenkind.
„Keine Ahnung, was du meinst.“
„Du weißt schon. Die Menschen laufen alle mit so einem Ding herum. Sie passen nicht mehr auf, wohin sie gehen, weil sie auf dieses“, er überlegte, „dieses Dings starren.“
Die Osterhasenkinder sahen sich an, dann grinsten sie. Eines zog etwas unter dem Mooskissen hervor und hielt es in die Höhe. „Das ist ein Handy. Ein Telefon.“
„Telefon, genau. Sag ich doch. Du rufst jetzt den Weihnachtsmann an. Er soll herkommen.“
„Ich ruf ihn an, aber den Rest musst du schon selbst erledigen.“
Der Osterhase nickte und sah interessiert zu, wie die Pfote des Osterhasenkindes flink über die glänzende Oberfläche wischte. Kurz darauf hörte man die tiefe Bassstimme des Weihnachtsmannes. „Ho, ho, ho, ich grüße euch, liebe Osterhasenfamilie. Wie komme ich zu der Ehre? Oder besser, wer stört mich in meinem wohlverdienten Urlaub?“
Das Osterhasenkind reichte das Handy weiter. Der Osterhase zog die Nase kraus. „Du siehst nicht aus wie der Weihnachtsmann. Wo bist du?“ Der Weihnachtsmann hatte ein buntes T-Shirt an und eine Sonnenbrille auf der Nase. Nun konnte er ihn gar nicht mehr sehen, dafür weißen Sand und türkisfarbenes Meer.
„Karibik. Da bin ich jedes Jahr. Perfekt, um zu entspannen.“ Er zupfte an seinem Shirt und nahm die Sonnenbrille ab. „Das brauch ich zur Tarnung. Schließlich will ich mich erholen. So erkennt mich keiner. Also, was willst du?“
„Wir sind krank“, sagte der Osterhase und sein Tonfall klang genauso leidend wie er sich fühlte.
„Das tut mir leid, aber da kann ich auch nicht helfen. Bin schließlich kein Arzt.“
„Nein, bist du nicht. Aber wir brauchen dich, um die Ostereier auszutragen."
„Hä?“ Das Bild wackelte und der Osterhase sah für einen Moment nur Sand, dann erschien wieder das Gesicht des Weihnachtsmannes.
„Dein Kopf ist rot. Knallrot. So rot wie dein Weihnachtsmannkostüm, wenn du es anhättest“, sagte der Osterhase. „Bestimmt ein Sonnenbrand. Ein Tag Pause täte dir gut.“
„Nein“, widersprach der Weihnachtsmann, „kommt nicht in die Tüte. Ich hab Urlaub. Den hab ich mir verdient."
„Wäre ja nur für einen Tag. Dann kannst du weiter faulenzen.“
„Was heißt faulenzen, ich fülle meine Energiereserven wieder auf. Wisst ihr eigentlich, wie anstrengend mein Job ist?“
„Du bist mit einem Schlitten unterwegs, während wir alles zu Fuß erledigen“, sagte der Osterhase. Sein Kopf tat weh und er war müde.
„Ich erledige alles mit meinem Schlitten“, erklärte der Weihnachtsmann, „es liegt jetzt aber kein Schnee. Höchstens in der Antarktis und hoch auf den Bergen.“
„An Weihnachten war es letztes Jahr wärmer als heute“, gab der Osterhase zurück. „Schnee hatten wir auch keinen. Im Gegenteil, die Wahrscheinlichkeit, dass an Ostern Schnee liegt, ist viel größer. Außerdem bist du mir noch was schuldig. Wenn ich dich dran erinnern darf, als du zu viele Plätz…“
„Schon gut“, unterbrach ihn der Weihnachtsmann. „Also gut, ich machs. Bin in einer Stunde da.“
„Dem Hasengott sei Dank“, seufzte der Osterhase und gab das Handy zurück. Er schleppte sich zur Tür und trug sämtliche Körbe nach draußen.
Der Weihnachtsmann hielt sein Versprechen. Eine Stunde später hielt er vor dem Bau der Osterhasenfamilie und lud die Körbe auf seinen Schlitten.
Der Osterhase legte sich in sein Moosbett und schlief einige Stunden. Als er erwachte, fühlte er sich bereits viel besser. Die Neugierde trieb ihn aus dem Bett. Die nächste Menschenbehausung lag in der Nähe und so hoppelte er hin. Er wollte nur einen kurzen Blick in den Garten werfen, ob auch alle Eier versteckt worden waren. Aber was war das? Kein einziges Ei. Alle Nester waren leer. Die armen Kinder. Sie wären fürchterlich traurig und bestimmt ziemlich sauer auf den Osterhase.
Nanu - er hörte Kinder lachen. Vorsichtig schlich er zum Haus und stellte sich auf die Hinterläufe. Er schaute in die Wohnstube der Familie. Dort saßen die Kinder am Boden, hielten bunte Eier in den Händen. Der Osterhase konnte es nicht fassen. Er lief zurück zur Osterhasenfamilie. „Wisst ihr“, rief er, „was der Weihnachtsmann gemacht hat?“
„Die Ostereier versteckt?“, riet die Osterhasenfrau.
„Das schon“, sagte der Osterhase und wusste nicht, ob er sich ärgern oder lachen sollte. „Aber er hat sie in Socken versteckt. Die hängen an einer Schnur quer durch die Stube. Könnt ihr euch das Vorstellen? Socken. Mit Weihnachtsmotiv.“
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RE: SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 20.03.2022 10:35von Herbert Glaser • Federlibelle | 666 Beiträge | 1237 Punkte
RE: SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 20.03.2022 10:49von Doro • Federlibelle | 2.515 Beiträge | 9878 Punkte
Zitat von Herbert Glaser im Beitrag #2Kommt bestimmt noch, @Herbert Glaser .
Ich habe bis jetzt noch keine Idee.
Ich notiere mir das Wort ja immer auf einem Zettel in der Mitte. Von da aus zieh ich dann Striche und schreibe hin, was mir spontan dazu einfällt. Manchmal gebe ich das Wort zusätzlich noch bei Google ein und schau, was da für Vorschläge kommen. Bei dem heutigen Wort war die Assoziation sofort Weihnachtsmann.
Zitat von Herbert Glaser im Beitrag #2Danke! Keine Erbse heute? (Das ist völlig ironiefrei gefragt. Ich bin immer dankbar, wenn jemand meine Fehler sieht. Man selbst ist ja oft betriebsblind.)
Eine wirklich nette Geschichte!
LG
Doro
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RE: SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 20.03.2022 18:53von Herbert Glaser • Federlibelle | 666 Beiträge | 1237 Punkte
RE: SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 20.03.2022 21:12von blauer Granit • Federlibelle | 707 Beiträge | 3693 Punkte
Liebe @Doro!
Ich finde es ist eine entzückende Geschichte. Doch mir ist nicht klar warum Frau und Kinder des Osterhasen die Eier nicht austragen?
RE: SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 21.03.2022 01:57von Doro • Federlibelle | 2.515 Beiträge | 9878 Punkte
Lieber @blauer Granit ,
Zitat von blauer Granit im Beitrag #5Deshalb:
Doch mir ist nicht klar warum Frau und Kinder des Osterhasen die Eier nicht austragen?
Zitat von Doro im Beitrag #1Die ganze Osterhasenfamilie ist krank.
„Tut mir leid“, antwortete die Osterhasenfrau. „Mir geht es gar nicht gut und den Kindern auch nicht. Wir sind krank. Du musst die Eier allein verteilen.“
Lg
Doro
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RE: SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 21.03.2022 10:48von Mary Poppins (gelöscht)
RE: SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 21.03.2022 10:49von Doro • Federlibelle | 2.515 Beiträge | 9878 Punkte
Liebe @Mary Poppins ,
Zitat von Mary Poppins im Beitrag #7Das hatte ich tatsächlich anfangs auch im Sinn, aber dann habe ich es allgemein gehalten.
Sie sind sich sicher, dass der Osterhase Corona hat...
Zitat von Mary Poppins im Beitrag #7Das freut mich sehr. Danke.
Abgesehen davon fanden sie die Ostergeschichte super und haben gerne zugehört und ich habe sie sehr gerne vorgelesen :-)
Lg
Doro
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RE: SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 26.03.2022 09:22von Carlotta Lila • Federlibelle | 2.300 Beiträge | 10275 Punkte
Liebe @Doro, ich habe deine lustige Geschichte jetzt schon ein paarmal durchgelesen, das wäre wirklich ein super Kinderbuch. Inspirationen für Bilder würde sich auch zahlreich finden!
Gerade jetzt ist mir auch eingefallen, dass deine moderne Version der Geschichte irgendwie auch gut zum Klimawandel passt. Das der Weihnachtsmann Ostereier austrägt, kann man in dem Sinn auch ganz gut symbolisch sehen.
Sehr gerne gelesen!
Liebe Grüße
Carlotta Lila
https://www.leseflamme.jimdofree.com
Unsere größte Schwäche liegt im Aufgeben. Der sicherste Weg zum Erfolg ist immer, es noch einmal zu versuchen.
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RE: SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 28.03.2022 17:01von Gini • Federlibelle | 1.838 Beiträge | 3794 Punkte
@Doro eine süße Ostergeschichte. Ja blöd, wenn die ganze Osterhasenfamilie auf einmal kränkelt.
Es wäre für die Kinder ja eine Katastrophe, wenn es keine Ostergeschenke geben würde.
Zumindest so lange, wie sie noch an den Osterhasen glauben.
Meine Tochter hat mir auch gerade ein paar Links geschickt, was die Kinder für Ostern gebrauchen könnten.
Ich frag sie aber auch immer danach. es heißt ja, möglichst wenig naschen und dafür etwas sinnvolles.
Kann mich gar nicht erinnern, was wir früher zu Ostern bekommen haben.
Gedanken sind nicht stets parat,/ Man schreibt auch, wenn man keine hat.
Wilhelm Busch (1832-1908)
RE: SGZ 12: Als der Osterhase krank war
in Die Geschichten der Woche 28.03.2022 17:16von Doro • Federlibelle | 2.515 Beiträge | 9878 Punkte
Zitat von Gini im Beitrag #11Als ich klein war, gabs ein Osternest mit Süßigkeiten. Geschenke gabs zu Ostern nicht.
Kann mich gar nicht erinnern, was wir früher zu Ostern bekommen haben.
Obwohl meine Kinder schon erwachsen sind, bestehen sie immer noch auf das Verstecken des Nestes (und der Kleinigkeit, das sie immer noch dazu bekommen). Zumindest die Mädels. Unser Sohn ist nicht so scharf aufs Suchen.
LG
Doro
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