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Prolog zu NARETH - EIN LIED IM SCHATTEN
in Romanprojekte & was damit zusammenhängt 27.05.2025 20:03von DerAuge • Grashüpfer | 7 Beiträge | 55 Punkte
Prolog
Seine Schritte klangen dumpf, so als wenn der Nebel jeden Ton verschlucken würde.
Der Wanderer zog seinen Umhang fester um sich, als er den Rand der Flüstergräben erreichte. Unter seinen Stiefel knackte das brüchige Gestein, staubig, schwarz zerfasert von alten Rissen. Der Krater vor ihm gähnte ins Unendliche, Spiralen aus Nebel und zersplitterten Stein, die sich nachunten wanden, bis sein Blick verlorenging.
Er wusste, dass er hier sein Schicksal finden würde.
Mit zittrigen Händen zog er ein zerrissenes Banner unter seinem Umhang hervor, welches mal für etwas stand, an das er sich nicht mehr erinnern konnte. Schwere Schritte trugen ihn näher an die Tiefe – Nebel und zerborstenes Gestein, uralt. Etwas drang in sein Ohr. Es war keine Stimme, die zärtlich die Stille seiner Umgebung brach, sondern ein Flüstern, welches tief in sein Inneres drang.
„du…bist…hier…“
Das Banner fiel wie ein Blatt eines Baumes zu Boden und berührte ihn klanglos. Sein Blick wanderte durch den dichten Dunst, er kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung, ihn zu durchbrechen. Die Feuchtigkeit setzte sich in seinen Bart und in seiner gezeichneten Kleidung, zerrissen von abertausenden Schritten, die er auf sich genommen hat. Zitternd vor Kälte, von der Kleidung, die sich wie eine zweite Haut über sein Leib schmiegte, zwang er seine Beine vorwärts, während sein Geist stehenblieb. Verkrümmte Bäume, deren Äste sich wie dürre Finger aus den Nebelschwaden in seine Richtung streckten, ragten suchend aus der klanglosen Umgebung hervor. Ein Stöhnen brach in sein Inneres, nicht etwa seins, sondern aus einem Chor von Stimmen, die nach Antworten strebten.
„du…findest…dich“
Langsam bewegte er sich vorwärts, gezogen von einem unsichtbaren Band aus Erinnerungen, während die Stimmen lauter wurden.
Sie durchdrangen seinen Geist, er sah Erinnerungen, die nicht seine waren. – Schritt für Schritt. Er bemerkte nicht, wie weit er ging oder wohin ihn das Band zog, er sah nur blass, trübe Erinnerungen, die sich vor seinen Augen abspielten, als würde ein Schauspiel vor ihm stattfinden. Das Flüstern wurde lauter, verworrener, schrei fast, sodass er seine eigenen Gedanken nicht mehr verstand. Dann Stille. Nichts erfüllte ihn. Keine Gedanken durchströmten ihn. Sein Blick fiel auf seine Füße, ummantelt von einem silbernen, nie ruhenden Sand. Als sein Blick sich erhob, durchleuchtete ihn ein Funke an Erinnerung, schwarz, wie Säulen aus der Nacht, der im selben Moment verblasste.
Dann wieder Stille.
Und eine weitere Erinnerung verblasste. - Für immer.

RE: Prolog zu NARETH - EIN LIED IM SCHATTEN
in Romanprojekte & was damit zusammenhängt 27.05.2025 21:15von moriazwo • Federlibelle | 488 Beiträge | 1690 Punkte
@DerAuge
Ich hatte ja bereits geschrieben, dass meine Fantasy-Phase vorbei ist. Aus Neugier habe ich mir deinen Prolog angeschaut und muss leider sagen, dass ich damit so meine Schwierigkeiten habe. Nun muss das nichts heißen, denn Literatur ist immer auch eine Angelegenheit des persönlichen Geschmacks.
Nachdem ich den Text gelesen habe, der sich aus meiner Sicht nicht besonders flüssig lesen ließ, lässt er mich mit etlichen Fragezeichen zurück.
Vielleicht bin ich als SciFi-Autor auch zu sehr struktur- und handlungsorientiert, aber ich konnte anhand des Prologs nicht herausfinden, wohin das Ganze führen soll. Mag sein, dass der Prolog das auch gar nicht leisten sollte, aber zumindest ich würde ein Buch, dass mich so begrüßt, rasch wieder aus der Hand legen.
Warum ist das so?
Zum Einen sind da ein paar kleine Fehler. Beispiele:
Zitat
Unter seinen Stiefel knackte das brüchige Gestein
Unter seinem Stiefel, oder unter seinen Stiefeln
Zitat
Der Krater vor ihm gähnte ins Unendliche, Spiralen aus Nebel und zersplitterten Stein, die sich nach unten wanden, bis sein Blick verlorenging.
Vorschlag: Vor ihm gähnte ein scheinbar unendlich tiefer Krater. - Spiralen aus Nebel und zersplittertem Stein (Dativ) - Bis sein Blick verlorenging? Vielleicht: So weit sein Blick ihm folgen konnte.
Und da sind noch weitere Fragzeichen. Was stelle ich mir unter Spiralen aus Neben und zersplittertem Stein eigentlich vor? Nebel, ok. Wie passt der Stein dazu?
Mag sein, das alles klärt sich im eigentlichen Romantext auf, doch an dieser Stelle bin ich verwirrt.
Dann fällt mir auf, dass du gern Sätze, die eigentlich für sich allein stehen sollten, durch Kommata zu einem langen Satzungeheuer verknüpfst. Das hemmt die Orientierung des Auges beim Lesen. Könnte man anders lösen.
Ich komme mit diesem wortmalerischen Text einfach nicht zurecht. Das kann auch mein persönliches Problem sein. Mal abwarten, wie andere das sehen.
Eine Frage, dich sich mir auch noch stellt: Welche Art von Feedback wünschst du dir überhaupt? Soll der Text haarklein durchgearbeitet werden, oder geht es dir in erster Linie um die Wirkung auf den Leser?
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"Kein Besitz macht Freude, wenn der Freund fehlt, mit dem man ihn genießen kann."
- Lucius Annaeus Seneca -
(ca. 4 v. Chr - 65 n. Chr.), römischer Politiker, Rhetoriker, Philosoph und Schriftsteller)

RE: Prolog zu NARETH - EIN LIED IM SCHATTEN
in Romanprojekte & was damit zusammenhängt 28.05.2025 20:14von DerAuge • Grashüpfer | 7 Beiträge | 55 Punkte
Moin @moriazwo !
Danke für deine ehrliche Meinung.
Es soll natürlich "Stiefeln" heißen, danke für den Hinweis.
Natürlich kann es daran liegen, dass deine Fantasy Tage hinter dir liegen, dass du nicht ganz mit meinem Text warm geworden bist, oder auch an meinem Text.
Dass er sich nicht flüssig lesen lässt, aufgrund der vielen Kommata, wie du sagst, kann ich nachvollziehen. Das habe ich schon öfter von meinen Texten gehört, kriege es aber irgendwie nicht raus. Ich habe immer den Eindruck, dass es die Situation vertieft und den Leser nicht ins stocken bringt. Jetzt aber den Hinweis zu erhalten, lässt mich natürlich auch nochmal draufschauen.
Dass du nicht weißt, wohin der Prolog führen soll, ist tatsächlich meine Absicht. Mein Ziel war es, in dem Prolog ein Mysterium zu schaffen, woraufhin mein erstes Kapitel einen Cut macht und in ein ganz anderes Geschehen eintaucht. Es sollte neugierig machen, nicht verwirren. Hättest du diesbezüglich einen Vorschlag, oder ist es doch der Hang zum SiFi und dessen Struktur, der dich da stört?
Ich nehme die Kritik gerne an, nehme sie mir zu Herzen, würde allerdings, falls es dazu kommt, noch gerne Meinungen von anderen hören, um einfach zu sehen, ob es an dem Text oder der Vorliebe zu einem Genre liegt.
Zu deinem Punkt mit der Kritik:
Ich nehmen gerne alles auf, wie ein Staubsauger.
Schließlich möchte ich, dass die Welt und dessen Charaktere lebt und wirkt.
Für Logikfehler oder Anmerkungen, die sich auf den Lesefluss ausüben, nehme ich natürlich auch gerne entgegen.
LG

RE: Prolog zu NARETH - EIN LIED IM SCHATTEN
in Romanprojekte & was damit zusammenhängt 28.05.2025 21:17von -jek • Federlibelle | 869 Beiträge | 2480 Punkte
@DerAuge Jeder hat seinen Stil. ich neige für Einführungen eher zu einfachen Sätzen. Verschachtelte Sätze haben einen ruhigeren geruhsameren Fluss beim Schreiben, bedrohen aber leicht mal den Fluss beim Lesen. Der Schreiber hat das Bild schon vor Augen, hat die Übersicht, der Leser noch nicht. Da gebe ich @moriazwo Recht, Wenn du willst, könnte wir uns das im Einzelnen ansehen.
Anders als moriazwo sehe ich als gangbaren Weg an, nur mit Atmosphäre und ohne große Action anzufangen. Der Prolog muss einfach zum Folgenden passen. Erwartungen sollen geweckt, aber später nicht enttäuscht werden. Hier würde ich die Geschichte eines erschöpften Helden vermuten, der jetzt seine letzte und gefahrvolle Chance bekommt, seine Bestimmung zu erfüllen. Das hat Potential und kann seine Leserschaft finden. Die Atmosphäre erzeugst du in meinen Augen recht gut. Aber je dichter ich die Atmosphäre weben will, umso höher wird die Fallhöhe. Ich würde deshalb der Anregung folgen, die benutzten Bilder auf ihre Genauigkeit und Stimmigkeit zu prüfen.
Hast du übrigens den Plot schon im Kopf?
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Wenn du Schreibregeln beherrscht, ist das gut. Wenn sie dich beherrschen, ist das schlecht.

RE: Prolog zu NARETH - EIN LIED IM SCHATTEN
in Romanprojekte & was damit zusammenhängt 28.05.2025 21:19von moriazwo • Federlibelle | 488 Beiträge | 1690 Punkte
Hallo @DerAuge,
nachdem ich mein Feedback zu deinem Prolog abgeschickt hatte, war ich nicht sicher, ob du meine Meinung - und sie ist definitiv ehrlich gemeint - so annehmen würdest. Mit Kritik umgehen ist nicht jedermanns Sache, vor allem nicht, wenn sie eher negativ rüberkommt.
Es freut mich aber, dass du darauf eingehst.
Ich kann verstehen, dass du beabsichtigst, potenzielle Leser auf deinen Text neugierig zu machen. Das ist vollkommen natürlich, denn wer eine Geschichte schreibt, möchte, dass sie auch gelesen wird. Insoweit habe ich keine anderen Intentionen als du.
Wenn du aber einen Prolog voranstellst, erwarte ich als Leser eine Vorbereitung auf den Haupttext - eine Vorgeschichte, die schon mal gewisse Informationen liefert und neugierig auf den Kontext macht.
Das leistet der Prolog in der Form, wie du ihn verwendest, aus meiner Sicht nicht. Er ist eher verwaschen und unklar, man erkennt keinerlei Richtung und wird überwältigt durch lautmalerische Aussagen, die nichts weiter für die Geschichte tun. So jedenfalls mein Eindruck dazu.
Wie ich schon im letzten Beitrag angedeutet habe, würde mich eine Geschichte, die mich so einsteigen lässt, eher dazu verleiten, das Buch beiseite zu legen.
Das kann nicht dein Ziel sein, und wird es sicher auch nicht sein.
Du schreibst, dass dein erstes Kapitel einen Cut macht und in ein ganz anderes Geschehen eintaucht. Nun gut, dann werde ich mir das sicher ansehen.
Sollte auf den Prolog eine echte Handlung folgen, die das Interesse weckt, ist das ja in Ordnung. Die Frage, die sich mir dann stellt, wäre, ob der Prolog dann überhaupt einen Zweck erfüllt, oder ob er im Grunde auch weggelassen werden könnte. Aber das ist nur meine Meinung dazu. Entscheide, wenn du auch noch weitere Meinungen gelesen hast und nimm das Beste daraus für dich mit. Es ist letztlich deine Geschichte und nur du kannst sie erzählen.
Zitat
Es sollte neugierig machen, nicht verwirren. Hättest du diesbezüglich einen Vorschlag, oder ist es doch der Hang zum SiFi und dessen Struktur, der dich da stört?
Für einen Vorschlag ist es m.E. an dieser Stelle noch zu früh, da ich nicht den Hauch einer Ahnung habe, wohin die Reise gehen soll. Da du ja selbst sagst, du wolltest mit deinem Prolog lediglich ein Mysterium schaffen, wird dir dazu jetzt noch niemand weiterhelfen können. Ich denke auch nicht, dass es nur damit zu tun hat, dass ich ein SciFi-Autor bin. Es ist nur so, dass ich zum Lesen Handlung brauche, die zudem auch noch einer internen Logik folgt und glaubwürdig ist. Ich würde mich gern noch einmal äußern, wenn die Geschichte tatsächlich startet und etwas Greifbares passiert.
LG
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"Kein Besitz macht Freude, wenn der Freund fehlt, mit dem man ihn genießen kann."
- Lucius Annaeus Seneca -
(ca. 4 v. Chr - 65 n. Chr.), römischer Politiker, Rhetoriker, Philosoph und Schriftsteller)

RE: Prolog zu NARETH - EIN LIED IM SCHATTEN
in Romanprojekte & was damit zusammenhängt 29.05.2025 13:45von Bree • Federlibelle | 5.427 Beiträge | 23441 Punkte
Hallo @DerAuge
danke, dass du uns deinen Prolog vorstellst. Ich weiß, so etwas ist nicht immer ganz leicht, weil man vernichtendes Feedback fürchtet.
Auch weiß ich sehr zu schätzen, dass du Vorschlägen und Hinweisen gegenüber offen bist. So lernt man am besten dazu.
Ich habe versucht, mich in deine Szene fallenzulassen, sie mir bildlich vorzustellen. Wie von selbst war es eine Art Dumbledore, den ich sah, einen alten, weisen Mann, der vor einem Abgrund steht, um ... Ja, um was? Etwas zu Ende zu bringen? Sein Leben gar?
Deine bildliche Sprache und die Formulierungen haben etwas lyrisches, das mir durchaus gefällt. Man spürt die überbordende Phantasie, die du besitzt.
Ich kenne mich mit Fantasy wirklich nicht gut aus, habe zwar viele Harry-Potter-Bände gelesen und den ersten der Bis(s)-Reihe, aber das war's dann auch schon.
Lass uns deinen Text mal durchgehen:
Seine Schritte klangen dumpf, so als wenn der Nebel jeden Ton verschlucken würde.
Wenn der Nebel jeden Ton verschluckt, wie können die Schritte dann dumpf klingen? Das ergibt keinen Sinn.
Besser: Der Nebel verschluckte jedes laute Geräusch, seine Schritte waren nur ein leises Flüstern (oder so ähnlich).
Der Wanderer zog seinen Umhang fester um sich, als er den Rand der Flüstergräben erreichte.
Flüstergräben hört sich toll an! Drohend und unheimlich. Gibt es Sagen oder Legenden über diese Flüstergräben? Vielleicht ein guter Moment, um das anzudeuten. Wenn eine konkrete Gefahr droht, fühlt der Leser mit!
Unter seinen Stiefel knackte das brüchige Gestein, staubig, schwarz zerfasert von alten Rissen. Der Krater vor ihm gähnte ins Unendliche, Spiralen aus Nebel und zersplitterten Stein, die sich nachunten wanden, bis sein Blick verlorenging.
Es ist laut deinene Beschreibungen neblig. Kann man dann das brüchige Gestein am Boden so gut sehen, dass man alte Risse erkennt? Dieselbe Frage in Bezug auf den Krater und die unendliche Tiefe. Wie weit kann dein Prota sehen? Oder weiß er einfach, dass der Krater sehr tief ist, weil er schon mal hier war? Bei den Spiralen aus Nebel und Stein sehe ich sowas wie einen Tornadeo vor mir, nur langsamer. In so einem Tornado befinden sich auch Gegenstände, die der Wind mitgerissen hat. Ist es ein Bild wie dieses, das du hervorrufen willst? Und wie kann man Spiralen aus Nebel sehen, wenn es neblig ist?
Er wusste, dass er hier sein Schicksal finden würde.
Hier möchte ich natürlich wissen, was genau sein Schicksal ist. Versuch, zumindest Andeutungen zu bringen, lass deinen Leser nicht in der Luft hängen.
Mit zittrigen Händen zog er ein zerrissenes Banner unter seinem Umhang hervor, welches mal für etwas stand, an das er sich nicht mehr erinnern konnte.
Ein zerrissenes Banner ... Wenn ich z. B. einen Brief zerreiße, besteht er aus hinterher aus mehreren Teilen. Ritsch, ratsch! Vielleicht sieht das Banner nur verblasst und mitgenommen aus, hat ein paar Risse im Rand? Abgesehen davon ist ein Banner in der Regel groß. Wenn er das unter dem Umhang mit sich trägt, ist es dann zusammengerollt? Oder gefaltet? Du siehst, es gibt viele Möglichkeiten. Um konkrete Bilder hervorrufen zu können, sollte deine Beschreibung auch konkret sein. Wenn du dir diese Szene vorstellst, was genau siehst du dann? Versuch, dieses Bild zu beschreiben, ruhig in allen Details. Streichen kannst du später immer noch.
Die Formulierung 'welches mal für etwas stand, an das er sich nicht mehr erinnern konnte' ist ähnlich schwammig. Ich kann mir nichts darunter vorstellen. Wenn er nicht weiß, wofür das Banner steht, warum hat er es dann mitgenommen?
Schwere Schritte trugen ihn näher an die Tiefe
Das hört sich an, als würde jemand anderes ihn bewegen. Du möchtest - wenn ich es richtig verstehe - zeigen, dass er sich näher an den Abgrund heranwagt. Schwere Schritte - damit assoziiere ich z. B. den Gang eines Trolls aus Harry Potter. Langsam gesetzte Schritte, die jedes Mal den Boden beben lassen. Das ist hier wohl eher nicht gemeint.
Wie wäre es so?: Vorsichtig / Zögernd setzte er einen Fuß nach vorn, zog den zweiten nach. Vom Abgrund trennten ihn jetzt nur noch wenige Zentimeter. Unter ihm
– Nebel und zerborstenes Gestein, uralt.
Könnte ich mir das als eine Art Nebelsuppe vorstellen, in der Steinbrocken schwimmen? Ich versuche, ein Bild vor Augen zu bekommen.
Etwas drang in sein Ohr. Es war keine Stimme, die zärtlich die Stille seiner Umgebung brach, sondern ein Flüstern, welches tief in sein Inneres drang.
„du…bist…hier…“
Ein Flüstern ist auch eine Stimme, eine leise Stimme.
Vorschlag: Ein zärtliches Flüstern durchbrach die Stille, drang in sein Ohr, und weiter, bis tief in sein Inneres.
Das Banner fiel wie ein Blatt eines Baumes zu Boden und berührte ihn klanglos.'Versuch doch mal, (ich komme noch einmal darauf zurück, sorry) anhand eines Vergleichs darzustellen, wie man sich dieses Banner vorstellen muss. Hat es die Größer eines Buchs? Einer Tür oder eines Fensters? Ich habe kein Bild vor Augen, und dann ist es schwierig, sich vorzustellen, wie es zu Boden segelt. Übrigens: Das Wort 'klanglos' kommt im nächsten Absatz noch einmal vor. Wie wäre es stattdessen mit 'geräuschlos'?
Sein Blick wanderte durch den dichten Dunst, er kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung, ihn zu durchbrechen. Die Feuchtigkeit setzte sich in seinen Bart und in seiner gezeichneten Kleidung, zerrissen von abertausenden Schritten, die er auf sich genommen hat.
Bis zum Bart kann ich dir folgen, aber dann wird es wieder nebulös. Gezeichnete Kleidung? Handelt es sich um eine Comicfigur? Wohl eher nicht. Und zerrissen von Schritten? Vielleicht eher 'zerschlissen'? Auch die Schritte passen nicht ins Bild. Davon gehen höchstens Schuhe kaputt.
Vorschlag: Die Feuchtigkeit setzte sich in seinen Bart und auf seine vom vielen Tragen zerschlissene Kleidung.
Zitternd vor Kälte, von der Kleidung, die sich wie eine zweite Haut über sein Leib schmiegte, zwang er seine Beine vorwärts,
Wenn jemand vor Kälte zittert, bin ich bei dir. Aber wieso kommt sein Zittern auch von der Kleidung? Reibt sie über seine Haut, weil sie so eng ist, und erzeugt dadurch Gänsehaut? Das passt dann aber irgendwie nicht mehr dazu, dass sie so kaputt ist. Ist es wichtig, dass sie eng anliegt? Denn diese Vorstellung lässt mich an Superman und ähnliche Helden denken, die hautenge Kleidung tragen. Davor hatte ich - wie erwähnt - eher so eine Art Dumbledore vor Augen. Und der trägt ja mehr weite Sachen.
während sein Geist stehenblieb.
Das stelle ich mir irgendwie vor, als wenn er aus sich selbst hervortritt, und eine Art durchsichtiges Ich hinter sich lässt. Ist dies das Bild, das du erzeugen willst? Und wenn ja, was für eine Absicht steckt dahinter? Zumal wenig später diese Formulierung kommt:
Sie durchdrangen seinen Geist,
Den Geist, den er gerade hinter sich gelassen hat? Wie sieht er das? Dreht er sich um und beobachtet es? Du siehst, solche zwar schön formulierten aber unbedacht gesetzte Sätze erzeugen Fragen und ungenaue Vorstellungen. Versuch, das zu vermeiden.
Verkrümmte Bäume,
Vielleicht eher: 'Knorrige Bäume'? Verkrümmt klingt merkwürdig.
deren Äste sich wie dürre Finger aus den Nebelschwaden in seine Richtung streckten, ragten suchend aus der klanglosen Umgebung hervor.
Die Bäume ragen suchend hervor? Oder die Äste? Ich gehe davon aus, du meinst die Äste. Und wo stehen diese Bäume? Am Rand des Kraters? Oder im Krater?
Vorschlag: Die Äste der knorrigen Bäume am Rande des Kraters streckten sich ihm entgegen, wie dürre Finger, die durch den Nebel stechen.
Klingt auch noch nicht optimal, aber ich habe zumindest ein deutlicheres Bild vor Augen.
Ein Stöhnen brach in sein Inneres, nicht etwa seins, sondern aus einem Chor von Stimmen, die nach Antworten strebten.
„du…findest…dich“
Auch dies ist wieder ein Satz, der mich fragend zurücklässt. Wie soll ich mir ein Stöhnen vorstellen, das 'in sein Inneres bricht'? Auch die Formulierung 'ein Chor von Stimmen, die nach Antworten streben' macht es leider nicht deutlicher, sondern noch unverständlicher. Zumal das 'Du ... findest ... dich' keine Frage ist, sondern eine Aussage. Nebenbei bemerkt: Das 'Du' als Satzanfang wird groß geschrieben, und die Auslassungspunkte sind wie ein Wort zu behandeln, also mit Leerschritten davor und danach.
Langsam bewegte er sich vorwärts, gezogen von einem unsichtbaren Band aus Erinnerungen, während die Stimmen lauter wurden.
Sie durchdrangen seinen Geist, er sah Erinnerungen, die nicht seine waren. – Schritt für Schritt. Er bemerkte nicht, wie weit er ging oder wohin ihn das Band zog, er sah nur blass, trübe Erinnerungen, die sich vor seinen Augen abspielten, als würde ein Schauspiel vor ihm stattfinden.
Hier habe ich das Problem, dass er ja schon nah am Abgrund stand. Wenn er jetzt weitergeht, müsste er doch früher oder später abstürzen, oder?
"ein unsichtbares Band aus Erinnerungen" "Stimmen durchdrangen seinen Geist" - auch diese Formulierungen sind nur schwer vorzustellen und mit dem, was bisher geschah, schwer in Verbindung zu bringen.
Die Erinnerungen, die nicht seine waren ... Auch hier wieder ploppt Dumbledore vor meinem inneren Auge auf. Wie er den Kopf in sein Denkarium senkt und Dinge sieht, die sich mal abgespielt haben. Wenn du diese Dumbledore-Vorstellungen vermeiden willst, wäre es nicht verkehrt, dafür zu sorgen, dass man als Leser eine relativ genaue Vorstellung von deinem Prota bekommt - und zwar möglichst am Anfang des Prologs. Fällt ihm z. B. eine seiner rotbraunen Locken in die Stirn, die er wieder wegschiebt? Oder ist er jünger, als ich glaube? Eventuell kannst du sein Alter beiläufig einfließen lassen.
Das Flüstern wurde lauter, verworrener, schrei (schrie) fast, sodass er seine eigenen Gedanken nicht mehr verstand. Dann Stille. Nichts erfüllte ihn. Keine Gedanken durchströmten ihn. Sein Blick fiel auf seine Füße, ummantelt von einem silbernen, nie ruhenden Sand. Als sein Blick sich erhob, durchleuchtete ihn ein Funke an Erinnerung, schwarz, wie Säulen aus der Nacht, der im selben Moment verblasste.
Gerade eben konnte er seine Gedanken nicht verstehen, dann sind plötzlich keine mehr da. Und dass er seine Füße und den Sand sehen kann, heißt wohl, dass der Nebel sich gelichtet hat? Auch der letzte Satz ist zwar lyrisch schön, lässt mich aber ratlos zurück. Er hebt den Blick und ein Funke an Erinnerung durchleuchtet ihn, - aber ein Funke und ein Durchleuchten assoziiere ich mit Licht. Du aber vergleichst ihn mit schwarzen Säulen aus der Nacht (was sind Säulen aus der Nacht?).
Dann wieder Stille.
Und eine weitere Erinnerung verblasste. - Für immer.
Was für eine Erinnerung? Eine Erinnerung woran?
Jetzt, wo ich den Text detailliert analysiert habe, muss ich @moriazwo und @-jek Recht geben. Der Text macht so leider nicht neugierig, sondern lässt mich als Leserin verwirrt zurück, ohne jede Vorstellung darüber, was all das zu bedeuten hat und worauf du abzielst.
Gern versuchen wir als Autoren, Neugier zu schüren, mit Andeutungen, die Fragen aufwerfen und zum Weiterlesen animieren. Das klappt hier leider nicht so gut. Es bleibt alles einfach zu nebulös, zu unklar. Ich habe keine klaren Bilder vor mir, es wird nicht deutlich, wessen Erinnerungen verblassen oder wessen Erinnerungen er gesehen hat, und woraus diese bestehen. Oder wieso er überhaupt diese Flüstergräben aufgesucht hat.
Ich weiß, von Fantasy habe ich nicht viel Ahnung, aber eines weiß ich: Was Spannung etc. angeht, ist das Genre egal. Leser wollen Bilder vor sich sehen, wenn sie in ein Buch eintauchen, wollen Geheimnissen auf den Grund gehen, wollen mit den Protas leiden, sich mit ihnen freuen und mit ihnen gefährliche Situationen erleben. Ein Prolog muss nicht zwangsläufig zum 1. Kapitel passen, aber er sollte etwas versprechen, nämlich: "Alle Fragen, die du dir, lieber Leser, jetzt stellst, werden im Laufe des Buches beantwortet. Also: Bleib dran!"
Behalte das und die anderen Hinweise, die ich angesprochen habe, im Hinterkopf, wenn du deinen Prolog überarbeitest.
Ich bin gespannt, was dabei herauskommt.
LG
Bree
Der Kriminalschriftsteller ist eine Spinne, die die Fliege bereits hat, bevor sie das Netz um sie herum webt.
(Sir Arthur Conan Doyle)

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Alles über meine Bücher & mich findet ihr auf meiner Website: www.brittabendixen.de

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