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SGZ 36 - Nuttenspaghetti
in Die Geschichten der Woche 11.09.2024 19:20von Sturmruhe • Federlibelle | 1.293 Beiträge | 5828 Punkte
Vielleicht kommt die Geschichte einigen von euch bekannt vor - ich habe sie für ein Schreibprojekt aus meinem Fundus hervorgeholt und die SGZ dafür genutzt, sie zu überarbeiten. Sie basiert übrigens auf echten Erinnerungen, die Charaktere und das Drumherum sind echt, aber natürlich wurde alles entsprechend verfälscht und ein wenig auf die Spitze getrieben - wobei die ganze Sache nun schon Ewigkeiten her ist ... und der Mord ist natürlich erfunden!
Nuttenspaghetti
Als sie den italienischen Imbiss betrat, schlug ihr der Geruch nach verkochter Tomatensauce entgegen. In dem engen Raum hatte sich die Nachmittagshitze mit den Essensdünsten zu einem feuchtheißen Gewaber verbunden. Margie näherte sich dem Tresen. Ein Mann mit enormen Muskeln unter dem verschwitzten, khakifarbenen Hemd saß breitbeinig auf einem der Hocker. Der Hals verschwand fast zwischen den Schultern, nur eine Speckfalte markierte den Ansatz.
Erschrocken hielt Margie inne. Der Kerl kam ihr bekannt vor. Jetzt drehte er seinen massigen Schädel in ihre Richtung. „Ach, wen haben wir denn da?“ Sein breites Pfannkuchengesicht verzog sich zu etwas, das entfernt an ein Lächeln erinnerte. „Ach nee. Maaaargie! Tach auch…“
„Herr ... ähm ... A ... Ahlers…“ stotterte Margie. „Hallo.“
„Na komm her, ich beiße nicht“, bellte er und klopfte mit einer seiner behaarten Pranken auf den Hocker an seiner Seite. Zögernd setzte sie sich. Er roch genau wie vor fünf Jahren: nach Pfeifentabak und einem herben Rasierwasser.
„Was isst du? Auch Nuttenspaghetti?“ Zum Koch gerichtet sagte er: „Klar isst sie die. Giorgio, noch ’ne Portion davon. Und ’n Rotwein für die Lady. Trinkst du doch gerne, oder?“
Giorgio stellte ein Glas Wein vor sie hin, und Ahlers nahm seine Unterhaltung mit ihm wieder auf.
Margie entspannte sich etwas und trank einen großen Schluck. Erinnerungen stiegen auf, die sie gerne für immer vergessen hätte. Sie sah sich wieder im „Casa Maria“ in ihr Rotweinglas starren. Ihre Freunde hatten sie versetzt, mitten im Rotlichtbezirk von St. Georg. Damals war Ahlers zu ihr an den Tisch getreten und hatte sie in ein Gespräch verwickelt. Schnell fand er heraus, dass sie seit langem arbeitslos war.
„Willst’n Job, Mädchen?“, fragte er, und gab ihr seine Karte.
„Mein Geschäftsführer braucht Unterstützung im „Clarisse“, das is’n Amüsierbetrieb. Bürojob. Bisschen Schreibkram, bisschen Buchhaltung. Das kriegste hin, oder? Ganz seriös, hat nichts mit den Mädels im Souterrain zu tun. Morgen lernste Nick kennen. Der stellt dich ein. So, und jetzt essen wir was.“
Margie nickte nur. Sie war völlig überrumpelt. Ein Job! Super! Amüsierbetrieb? Egal. Sie leerte ihr Glas in einem Zug.
„Maria, zwei Portionen Nuttenspaghetti. Große Portionen.“ Seine Stimme dröhnte bis in die hinterste Ecke des kleinen, verrauchten Restaurants. Die Musicbox plärrte ein Lied von Hans Albers. Zwei Männer auf der Eckbank grölten mit.
„Nuttenspaghetti?“ fragte Margie mit einem halben Grinsen.
„Ja“, sagte Ahlers. „Lass dich überraschen. Das Lieblingsgericht unserer Bordsteinschwalben hier auf'm Kiez.“
Am nächsten Tag lernte sie Nick alias Niklas Kuhn kennen. Er wirkte ungemein seriös. Alles passte: seine gewählte Sprache, seine dezenten Bewegungen, der maßgeschneiderte graue Anzug aus exklusivem Zwirn, das Seidenhemd, bis hin zur eleganten Krawatte mit passenden Socken und den teuren Schuhen. Nur wenn sie ihm direkt in die Augen sah, schwand etwas von seiner Seriosität dahin. Er konnte ihrem Blick nicht lange standhalten, zwinkerte, wischte einen imaginären Fussel von seinem Ärmel, oder machte sich an den Papieren auf seinem Schreibtisch zu schaffen.
Unsicherheit stieg in ihr auf. Ein leises, warnendes Pochen in ihrem Bauch. Was wenn hier irgendwas faul war? Ahlers war auch nicht gerade der typische Chef, und sie hatte keine Ahnung, was sie in seinem Laden erwartete. Aber sie brauchte dringend einen Job, und dieser hier versprach ein großzügiges Gehalt. Obendrein würde sie jeden Morgen ausschlafen können. Sie sollte von mittags bis abends um zehn arbeiten. Für einen Nachtmenschen wie sie war das reiner Luxus. Jeden Tag ausschlafen! Diese Überlegung gab den Ausschlag. Sie wischte das leise Bauchgefühl beiseite und straffte ihre Schultern. Nick war soweit ok, dachte sie, und was soll’s, nobody is perfect. Margie schlug ein.
Bereits am ersten Arbeitstag wusste sie, dass ihr Bauchgefühl sie nicht betrogen hatte. Das Büro über dem Nachtclub in der Steinstraße war luxuriös ausgestattet. Im krassen Gegensatz dazu gingen die merkwürdigsten Vögel ein und aus. Ihr neuer Bürojob hatte mit Warentermingeschäften zu tun und die Kollegen sorgten per Kaltaquise übers Telefon dafür, dass immer genügend Zahnärzte, Anwälte und Kleinunternehmer bereit waren, ihr schwarz verdientes Geld an der Warenterminbörse reinzuwaschen – ein Nebengeschäft am Rande der Legalität, von dem weder Nick noch Ahlers Margie etwas erzählt hatten, das aber allen Beteiligten, vor allem Ahlers und seinem Geschäftsführer, ein komfortables Leben ermöglichte. Sie musste die abgeschlossenen Aufträge ausfüllen und verschicken und ansonsten hauptsächlich einen guten Eindruck machen.
Ahlers hatte seine Telefonberater genauso aufgelesen wie Margie, in Kneipen, Cafés, Bars. Er hatte einen Blick dafür, wer gerade am Boden war, wer ihm nützlich sein konnte, und womit er den anderen am besten ködern konnte: Geld, Sicherheit, Anerkennung, einen Ort zum Untertauchen – und er war bereit zu geben, was der andere brauchte. Eine Hand wäscht die andere, war seine Devise, und er fuhr gut damit. Er holte die armen Wichte aus ihren problematischen Situationen, und einmal eingefangen, bildeten sie eine eingeschworene Notgemeinschaft. Keiner von ihnen wollte wieder zurück in sein schwarzes Loch.
Harry mit den roten Haaren und dem Bürstenschnitt war auf der Flucht vor dem Finanzamt und arbeitete schwarz. Er telefonierte mindestens einmal am Tag mit seiner Mutter, die er nicht besuchen konnte, weil er sofort gefasst werden würde. Margie mochte ihn und seine Berliner Schnauze.
Beckie, schwul, gepflegt, stets perfekt frisiert und gekleidet, sein Gesicht meistens arrogant verzogen, war ein Spieler. Er bediente sich schon mal heimlich an der Bürokasse, hatte aber bisher am nächsten Morgen immer alles zurückgelegt.
Wolle sah aus wie ein typischer Spießer mit unauffälliger Kleidung, ordentlichem Haarschnitt und einem freundlichen Lächeln. Er war verheiratet und sein erstes Kind war unterwegs. Leider gab ihm niemand mehr einen normalen Job. Wolle soff. Wann immer er eine seiner unteren Schubladen öffnete, erklang ein leises Klirren von unterschiedlicher Intensität. Die mittlere enthielt die vollen Flaschen, die untere die leeren. Jeder in dem großen Raum konnte am Ton erkennen, ob er gerade trank oder mit einer Flasche fertig war. Nur wenn er die oberste Schublade öffnete, arbeitete er wirklich. Dann verriet ein Rascheln, dass er seine Unterlagen herausholte und sich bereit machte, zu telefonieren. Seiner Stimme war niemals anzuhören, in welchem Stadium der Trunkenheit er sich gerade befand. Am Telefon klang er überaus professionell und am erfolgreichsten war Wolle, wenn er seinen Morgenvorrat geleert hatte.
Pit Rabe war ihr nicht geheuer. Auf den ersten Blick erinnerte er sie an einen Vampir. Täglich um zwölf verschwand er auf der Toilette. Man konnte die Uhr danach stellen. Es hieß, er würde sich dort seinen Mittags-Schuss setzen. Danach stand er bewegungslos am Fenster des Großraumbüros. Sein Anzug hing an seiner schlaksigen Figur wie an einem Skelett. Die fast schwarzen Augen in dem maskenähnlich weißen Gesicht fixierten das Glockenspiel auf dem gegenüberliegenden Dach. Sobald um Punkt eins die bemalten Figuren ihren Tanz begonnen hatten und die Glocken anschlugen, stürmte er an seinen Schreibtisch und telefonierte. Sie hatte nie herausgefunden, wie er es schaffte, so gut wie jeden Gesprächspartner zu überzeugen. Er war der erfolgreichste der Telefonberater.
Dann war da noch Yvonne, eine junge Prostituierte, die Ahlers allabendlich in seinem Büro massieren musste. Sie hatte zu Margie Vertrauen gefasst und ihr von ihren Freiern erzählt, die sie heimlich filmte. Auch über ihre neuen Chefs hatte Margie einiges erfahren. Ahlers hatte sich von seinen Preisgeldern als Catcher und den Einkünften aus den Warentermingeschäften das Clarisse gekauft und war in der Szene als "Nuttenkönig von St. Georg" bekannt.
Niklas Kuhn, „der schöne Nick“ war bei der Kripo rausgeflogen, weil er Geldwäscher unterstützt hatte.
„Weeste wat“, hatte Yvonne gewispert, „der hat anjeblich noch’n Kontaktmann bei die Bullen. Der lässt Informationen rüberwachsen, ob irgendwo 'ne Razzia stattfinden soll. ‘N verdammter Dealer isser, unser juter Nick, und so kann er seine Jungs immer rechtzeitig warnen.“
Wo bin ich nur wieder gelandet, hatte Margie sich gefragt. Aber solange sie nicht selbst in solche Machenschaften verwickelt wurde, war es ihr egal. Ihr Gehalt stimmte und sie liebte es einfach, morgens lange auszuschlafen.
Margie saß hinter ihrem teuren Glasschreibtisch, die Füße in dem dicken Teppich versunken, als die Ledertür des Chefzimmers aufflog und Yvonne herausschoss. Sie war stark geschminkt, trug ein enges T-Shirt zum kurzen Lederrock und knielange, schwarze Lackstiefel. Ihre langen Haare hatte sie unordentlich auf dem Oberkopf zusammengebunden.
„Ob’s dir passt oder nich, Alter, ik hör uff. Ik will nich mehr. Ik hab’ die Kerle satt bis hier oben. Und deine Extrajeschäfte erst recht! Bis hier oben.“ Sie tippte sich an die Stirn.
„Halt’s Maul!“ Mit dem Charme eines Eiszapfens starrte Kuhn sie von der Tür her an. „Treib es nicht auf die Spitze, oder…“
„Oder watt? Watt willste machen? Ik jeh zu die Bullen, und denne? Ab in'n Bau.“ Yvonne starrte herausfordernd zurück.
Sie winkte Margie kurz zu und stolzierte hüftschwingend zum Ausgang.
Am nächsten Morgen klingelte Margies Telefon. Yvonne stammelte: „Da is eener anne Türe. Ik weeß nich, wat ik mach’n soll. Jottejott. Margie, er kommt … du, sie läuft…“
„Plopp“, machte es, es raschelte, knackte, dann nichts mehr.
Margie erstarrte. Sie musste die Polizei anrufen. Den Hörer bereits in der Hand, wurde sie stutzig. Was hatte Yvonne gesagt? Sie läuft? Was konnte das bedeuten? Sie legte auf und verließ eilig ihre Wohnung.
Yvonne hatte ein Appartment ganz in der Nähe. Margie klingelte. Nichts. Eine Nachbarin ließ sie ins Haus. Die Wohnungstür im zweiten Stock war nur angelehnt, das Schloss zerstört. Margie stieß sie leise auf und schlich in die Wohnung. Yvonne lag in einer Blutlache vor dem Bett. Daneben das zertretene Handy. Margie kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an. Sie sah sah sich in dem plüschigen Zimmer um. Was hatte Yvonne bloß gemeint? Dann machte es klick und sie ging zielstrebig auf die Fensterfront zu. Schnell hatte sie gefunden, was sie gesucht hatte. Dann rief sie die Polizei an.
Monate später wartete Margie alleine vor dem Gerichtssaal auf ihre Zeugenaussage. Den Job bei Ahlers hatte sie gekündigt. Lieber arbeitslos als kriminell, hatte sie sich gesagt.
Die Stille wurde von schweren Schritte durchbrochen. Kalle Ahlers baute sich vor ihr auf. Er zog sie an ihren Jackenaufschlägen von der Bank hoch und beugte sich zu ihr hinunter. Sein Atem roch nach frischem Kaugummi.
„Wenn de Nick inne Pfanne haust, biste Vergangenheit, is das klar?“ Er ließ sie abrupt los und setzte sich neben sie.
Dann wurde sie aufgerufen. Nick’s Anwalt hatte ganze Arbeit geleistet. Er hatte mehrere Zeugen beigebracht, die von Streitigkeiten zwischen Yvonne und mehreren Freiern berichteten. Die Hauptzeugin, auch eine Prostituierte und Yvonnes beste Freundin auf dem Kiez – hatte sich in Widersprüche verstrickt. Nick Kuhn saß siegesgewiss auf der Anklagebank.
Margie schilderte dem Gericht, wie sie Yvonne gefunden hatte, und berichtete von dem Streit am Abend vor dem Mord. Doch der Anwalt fuhr ihr sofort über den Mund und begann sie mit Fragen und Unterstellungen zu bombardieren. Das hatte sie nicht anders erwartet. Statt ihm zu antworten, zog sie ein kleines, graues Gerät aus der Tasche - die kleine Kamera, die sie kurz nach dem Mord in Yvonnes Zimmer sichergestellt hatte. „Sie läuft noch“, hatte Yvonne am Telefon gesagt und Margie war eingefallen, dass sie die Besuche ihrer Freier zur eigenen Sicherheit immer heimlich filmte.
„Ich habe hier den Beweis, dass der Angeklagte Yvonne getötet hat“, sagte sie mit einem herausfordernden Blick zur Anklagebank. „Es heißt, Herr Kuhn habe einen Maulwurf bei der Kripo. Ich wollte sicher gehen, dass das Video nicht versehentlich gelöscht wird. Deshalb habe ich die Kamera zurückgehalten. Darf ich vortreten?“
Der Richter nickte.
Sie brachte den Miniapparat zum Richtertisch. Natürlich setzte es Ermahnungen von Richter und Staatsanwalt, und einen Antrag vom Verteidiger, das Video auszuschließen. Aber der Richter ließ es abspielen. Die Kamera hatte den Mord tatsächlich aufgezeichnet. Nick Kuhn war daraufhin zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt worden. Margie hatte die Jahre danach in Berlin gelebt und war erst vor kurzem nach Hamburg zurückgekehrt – mit gemischten Gefühlen. Und nun musste sie ausgerechnet Ahlers über den Weg laufen. Was würde der mit ihr anstellen?
Ihre Gedanken wurden von einem Duft unterbrochen, der ihr nur zu bekannt vorkam. Auf dem Tresen vor ihr dampfte ein riesiger Teller Spaghetti.
Ahlers drehte sich zur Seite und legte ihr seine Catcherhand auf den Arm. „Was ich dir noch sagen wollte. Du brauchst keine Angst mehr vor mir zu haben. Ich mag Frauen, die sich nicht einschüchtern lassen. Weisste Bescheid? Und wenn dir mal einer dumm kommt, ruf mich an. Den mach ich platt. Du kannst von jetzt an Kalle zu mir sagen.“ Damit drehte er sich wieder seinem Teller zu.
„Ok, äh… Kalle.“ Sie atmete auf. „Danke.“ Dann griff sie beherzt nach dem Besteck, rollte eine Portion Spaghetti um ihre Gabel und probierte. Der zarte, pochierte Lachs schmolz auf der Zunge und vermischte sich mit der tomatigen Sahnesauce, die Spaghetti hatten den perfekten Biss, und über allem schwebte ein Hauch Dill.
Es ging doch nichts über eine Portion Nuttenspaghetti.
„Wir sind das, was wir wiederholt tun. Vorzüglichkeit ist daher keine Handlung, sondern eine Gewohnheit.“
Aristoteles
RE: SGZ 36 - Nuttenspaghetti
in Die Geschichten der Woche 13.09.2024 09:47von Bree • Federlibelle | 4.527 Beiträge | 18453 Punkte
Liebe @Sturmruhe
ein cooler Krimi in halbseidenem Milieu! Im Grunde hast du hier Stoff für einen Kriminalroman. Die Umgebung, die zwielichtigen Figuren, die 'unfreiwillige' Ermittlerin, der Twist am Ende - perfekte Voraussetzungen! Dann könntest du Margie auch noch näher beleuchten, mehr aus ihrem Leben einfließen lassen.
Auch hier könntest du detaillierter werden. Eine spannende Szene wie diese hier in nur drei Sätzen zu erzählen, verschenkt viel Nägelknabber-Potential. Das betrifft insbesondere Satz 2.
Zitat von Sturmruhe im Beitrag #1
Die Wohnungstür im zweiten Stock war nur angelehnt, das Schloss zerstört. Margie stieß sie leise auf und schlich in die Wohnung. Yvonne lag in einer Blutlache vor dem Bett.
Muss Margie nicht davon ausgehen, dass sich womöglich noch jemand in der Wohnung befindet? Entsprechend wird ihr Puls gestiegen sein, als sie über die Schwelle trat. Der vorsichtige Blick in die einzelnen Zimmer ... das Lauschen auf Geräusche ... und schließlich sieht sie ins Schlafzimmer. Wie sieht es dort aus? Unordentlich? Hat ein Kampf stattgefunden? Schließlich fällt der Blick auf die Blutlache am Boden. Der Herzschlag beschleunigt sich. Und dann die Gewissheit: Yvonne ist tot. Ermordet. Wie liegt sie da? Die Augen schreckgeweitet oder geschlossen? Was genau ist mit ihr passiert? Ein Stich in den Magen? Die Kehle durchgeschnitten?
Die Emotionen, die dieser Fund auslöst: Schock, Trauer, womöglich Angst.
Szenen wie diese sind das, was der Krimi-Leser sich wünscht, die er miterleben will.
Jetzt noch zwei Kleinigkeiten:
Zitat von Sturmruhe im Beitrag #1
„Herr Ahlers…“ stotterte Margie. „Hallo.“
Stottern geht anders. Z. B. so: "Oh, Herr ... Herr Ahlers, ich, äh ...."
"Herr Ahlers" ist kein Stottern. Auch möglich: "Herr Ahlers ...", stieß Margie (erschrocken) hervor. "Hallo."
Der zweite Punkt ist, dass du später von Ahlers auf Ahrens umschwenkst. Zuerst dachte ich, das wäre eine weitere Person, die ich zuvor überlesen habe.
Davon abgesehen eine runde Story, der Hinweis auf die Kamera war da, aber geschickt nebenbei eingeflochten, so dass ich zuerst nicht darauf kam, was Margie aus dem Schlafzimmer hat mitgehen lassen. Auch, dass Ahlers nicht wütend sondern eher beeindruckt war, hat mich überrascht - was du zweifellos erreichen wolltest. Hat geklappt!
Nuttenspaghetti kenne ich übrigens als Spaghetti alla Puttanesca; mit Tomatensauce und Sardellen.
Fazit: Gern gelesen. Wie üblich sorgen deine Beschreibungen dafür, dass man alles genau vor Augen hat. So soll es sein!
LG
Bree
Der Kriminalschriftsteller ist eine Spinne, die die Fliege bereits hat, bevor sie das Netz um sie herum webt.
(Sir Arthur Conan Doyle)
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Alles über meine Bücher & mich findet ihr auf meiner Website: www.brittabendixen.de
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RE: SGZ 36 - Nuttenspaghetti
in Die Geschichten der Woche 13.09.2024 11:27von Sturmruhe • Federlibelle | 1.293 Beiträge | 5828 Punkte
Liebe @Bree,
herzlichen Dank fürs Lesen, Mitdenken, das hilfreiche Erbsen und Kommentieren!
Zitat
Auch hier könntest du detaillierter werden. Eine spannende Szene wie diese hier in nur drei Sätzen zu erzählen, verschenkt viel Nägelknabber-Potential. Das betrifft insbesondere Satz 2.
Du hast absolut Recht, da hätte man so richtig was rausholen können. Aber ehrlich gesagt hatte ich bei diesem SGZ-Lauf keine große Lust auf eine lange Kurzgeschichte in Fortsetzungen. Außerdem bin ich gerade mit Auftragstexten beschäftigt, sodass ich die Story erstmal abschließen und aus dem Sinn kriegen wollte. Vielleicht mache ich aber eine lange Geschichte daraus, ich denke über einen Kurzkrimiband nach ... ob ich das dann auf die Reihe kriege, sei dahingestellt, aber es ist schön, ein Projekt im Hinterkopf zu haben. Wenn ich das dann wirklich in Angriff nehmen sollte, werde ich deine sehr guten Anmerkungen ganz sicher berücksichtigen. SGZ hilft mir auf jeden Fall, Ideen in Kurzform umzusetzen und Geschichten für eine solche Kurzkrimi-Sammlung zu produzieren. Die Frage ist natürlich, würde sich so etwas überhaupt verkaufen? Die zweite Frage: Würden sich vielleicht noch lebende Figuren aus der Story wiedererkennen? Hihihi - Ahlers und Ahrens - rate mal, wieso ich mich da verschrieben habe? Aber der lebt nicht mehr, da ist es egal.
Auf jeden Fall freue ich mich über deinen Kommentar und wünsche dir einen schönen Nachmittag!
Liebe Grüße
Marion
P.S.:
Zitat
Nuttenspaghetti kenne ich übrigens als Spaghetti alla Puttanesca; mit Tomatensauce und Sardellen.
Ich kenne es eigentlich auch unter dieser Bezeichnung, aber "bei Maria" hießen sie eben Nuttenspaghetti, weil die halbseidenen Damen der Umgebung dort nachts immer abhingen und dieses Spaghettigericht bestellten. Eigentlich ist es eine Übersetzung ... puttana heißt auf Italienisch und puta auf Spanisch Hure, Nutte, Prostituierte, wobei die Bezeichnung puttanesca offenbar für eine Mischung aus Sardellen, Oliven und Kapern steht. Ein Wortspiel?
Ich habe grad mal zur Herkunft des Namens gegoogelt - man weiß es nicht genau, aber die meisten Vermutungen und Geschichten gehen auf ein Bordell zurück, eine auch auf einen Nachtclubbesitzer, der keine Lust zum aufwendigen Kochen hatte, und so entstand das schnelle Spaghettigericht mit Sardellen, Oliven, Kapern und Tomaten aus der Dose. "Bei Maria" enthielt das Rezept noch pochierten Lachs und Dill - die Hamburger Variante, nehme ich mal an. Hier der Link: https://www.20min.ch/story/so-kamen-die-...en-812850272699
„Wir sind das, was wir wiederholt tun. Vorzüglichkeit ist daher keine Handlung, sondern eine Gewohnheit.“
Aristoteles
RE: SGZ 36 - Nuttenspaghetti
in Die Geschichten der Woche 14.09.2024 10:54von Carlotta Lila • Federlibelle | 2.285 Beiträge | 10173 Punkte
Liebe @Sturmruhe, so....endlich etwas Ruhe am Wochenende....und ein Wetter wie am Weltuntergang, mit Sturm- und Reisewarnung
Ich konnte mich tatsächlich an den Titel «Nuttenspaghetti» erinnern, aber nicht mehr so richtig an den Inhalt der Story.
Sehr spannend, in was für ein Milieu die junge Frau da reingeraten ist. Interessant auch die von dir beschriebenen Charaktäre. Schon irre, das ein Alkoholiker und ein Junkie die beste Überzeugungskraft hatten!
Die Vorgehensweise des Arbeitgebers an seine Mitarbeiter zu kommen, scheint mir recht realistisch zu sein ... das sind halt Mafiamethoden pur.
Margie hat richtig Glück gehabt, dass sie aus der Sache gut rausgekommen ist - da habe ich am Ende aufgeatmet. Dachte noch, die Spaghetti enthalten womöglich Gift - aber nein, nur Dill
Zu Margie fällt mir noch ein, dass sie eigentlich ein sehr starker Charakter, mehr als sie selber es weiß!
Hier eine kleine Erbse:
Keiner von ihnen wollte wieder zurück in ihre schwarzen Löcher.
Müsste glaube ich heißen: Keiner von ihnen wollte wieder zurück in sein schwarzes Loch.
Sehr gute und spannende Unterhaltung!
Liebe Grüße
Carlotta Lila 🌹 🌹 🌹
https://www.leseflamme.jimdofree.com
Unsere größte Schwäche liegt im Aufgeben. Der sicherste Weg zum Erfolg ist immer, es noch einmal zu versuchen.
Thomas Alva Edison
RE: SGZ 36 - Nuttenspaghetti
in Die Geschichten der Woche 14.09.2024 11:39von Sturmruhe • Federlibelle | 1.293 Beiträge | 5828 Punkte
Liebe @Carlotta Lila,
Zitat
...und ein Wetter wie am Weltuntergang, mit Sturm- und Reisewarnung
Das sieht hier gerade auch nicht viel besser aus! Die alljährliche Regenzeit steht vor der Tür und schickt uns vorab schon mal ordentlich Starkwind, dass sich die Palmen biegen, verbunden mit Regenschauern und grauem Himmel. Jetzt gerade regnet es wieder. Du siehst, auch in den Tropen ist nicht immer eitel Sonnenschein!
Danke fürs Lesen und Kommentieren, auch für die Erbse - man übersieht doch immer wieder etwas, selbst nach dreimal Lesen!
Die ganze Story - ohne den Mord - hat tatsächlich so stattgefunden. Sogar auch vor Gericht, nur dass es bei der echten Verhandlung um Arbeitsrecht ging, wegen nicht bezahlter Gehälter. Trotzdem gefährlich. Man muckt nicht auf, wenn auf der gegnerischen Seite der "Nuttenkönig von St. Georg" steht, unterstützt von einem Ex-Kripobeamten, der das Talent hatte, sehr subtile, aber nicht minder beängstigende Drohungen auszusprechen. Aber Margie hat überlebt. Sie ist aber hinterher vorischtshalber erstmal von der Bildfläche verschwunden, für ein paar Wochen auf Segeltörn in die Dänische Südsee. Auch die Charaktere im Büro sind ziemlich authentisch und sogar auch das Ende in dem italienischen Impbiss mit Nuttenspaghetti, Rotwein und dem Angebot, bei Bedarf eventuell jemanden "plattzumachen", wenn er Margie dumm käme. Nun musst du dich nur noch fragen, für wen Margie wohl steht? Ja, manchmal rutscht man ins Milieu, ohne es zu merken, und wenn man erstmal hineingerutscht ist, wird es schwer, unbeschadet auszusteigen und wieder hineinzurutschen ins normale Leben. Dafür muss man schon ein gewisses inneres Standing haben, da hast du Recht.
Auf jeden Fall sind solche Erinnerungen herrliche Ressourcen für eine Autorin!
Liebe Grüße
Marion
„Wir sind das, was wir wiederholt tun. Vorzüglichkeit ist daher keine Handlung, sondern eine Gewohnheit.“
Aristoteles
RE: SGZ 36 - Nuttenspaghetti
in Die Geschichten der Woche 14.09.2024 12:08von Bree • Federlibelle | 4.527 Beiträge | 18453 Punkte
Der Kriminalschriftsteller ist eine Spinne, die die Fliege bereits hat, bevor sie das Netz um sie herum webt.
(Sir Arthur Conan Doyle)
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Einen eigenen Youtube-Kanal habe ich auch. Dort lese ich einige meine Geschichten.
Den Button findet ihr auf meinem Profil.
RE: SGZ 36 - Nuttenspaghetti
in Die Geschichten der Woche 14.09.2024 12:23von Sturmruhe • Federlibelle | 1.293 Beiträge | 5828 Punkte
Zitat
Ich bin sicher, sie lebt jetzt in Thailand und kümmert sich um eine stattliche Anzahl von Stubentigern ...
„Wir sind das, was wir wiederholt tun. Vorzüglichkeit ist daher keine Handlung, sondern eine Gewohnheit.“
Aristoteles
RE: SGZ 36 - Nuttenspaghetti
in Die Geschichten der Woche 16.09.2024 06:18von Carlotta Lila • Federlibelle | 2.285 Beiträge | 10173 Punkte
Liebe @Sturmruhe, ich hab' mir eh gedacht, dass die Geschichte ein wenig autobiographisch ist!
Sie hat mich an meine Unizeit erinnert, wo ich in den Sommermonaten immer alles Mögliche gejobt habe.
Auch war ich viel in der Salsaszene unterwegs, wo sich die Milieus ziemlich überschnitten haben - was natürlich interessant und aufregend - das allerdings nicht immer nur im guten Sinn - war.
Es gibt da auch ein paar Geschichten, die ich damals geschrieben habe....muss die mal ausgraben.
Über Kontakte zu dieser Szene hatte ich mal einen Sommerjob in einem ziemlich unseriösen Reisebüro. Dort liefen alle möglichen ,Nebengschäftln' und ich musste hauptsächlich für diverse ,Geschäftspartner' und irgendwelche Großfamilien Tee servieren.
Was das Wetter betrifft: bei Euch ist man das also schon gewohnt und dann auch vielleicht besser ausgerüstet!
Immerhin darf ich heute im Homeoffice bleiben und es gibt keinen Unterricht
Liebe Grüße
Carlotta Lila 💜
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RE: SGZ 36 - Nuttenspaghetti
in Die Geschichten der Woche 16.09.2024 09:01von Sturmruhe • Federlibelle | 1.293 Beiträge | 5828 Punkte
Liebe @Carlotta Lila,
Zitat
ich hab' mir eh gedacht, dass die Geschichte ein wenig autobiographisch ist!
Ich finde es toll, dass ich dich mit meiner Story zurückgeführt habe zu deinen nostalgischen Erlebnissen und Erinnerungen. Ist es nicht wunderbar, wenn man viele verrückte Begebenheiten gespeichert hat, die bei Gelegenheit in eine Geschichte einfließen können? Dann muss man sich nicht lange fragen, man weiß, wie Menschen in bestimmten Situationen reagieren. Ich erinnere mich noch an Mimi, einen Transvestiten, die Hauptattraktion in einem einschlägigen Hamburger Lokal auf dem Kiez, das eine zeitlang für mich und meine Freunde ein starker Anziehugnspunkt war. Je verruchter, desto besser. Dabei haben wir eigentlich ncihts weiter getan, als Bier zu trinken, dem Programm zu folgen und Spaß zu haben. Keiner von uns hatte mit der Szene zu tun. Aber Mimi - mit dem Körper eines Fünzigjährigen Mannes inklusive Bierbauch und Doppelkinn, aber mit Orangen im BH, Perücke und stark geschminkt, hatte sich in mich verliebt. Wie alt war ich damals? Ende zwanzig oder so. Alles blieb platonisch, aber er setzte sich in seinen Pausen gerne zu uns an den Tisch und flirtete mit mir, während er immer wieder Bestellungen aufs Haus für unseren Tisch orderte. Und wir erfuhren ganz nebenbei, wie sein Leben und das seiner Bühnenkollegen aussah. Da haben es unsere Ladyboys hier in Thailand leichter, die sind einfach Teil der Gesellschaft, kein Einheimischer schaut zweimal hin, es sei denn, er/sie ist besonders attraktiv hergerichtet. Ich finde es schön, wenn man aus erster Hand schreiben kann, auch über Themen, mit denen man nicht täglich konfrontiert ist.
Zitat
Was das Wetter betrifft: bei Euch ist man das also schon gewohnt und dann auch vielleicht besser ausgerüstet!Immerhin darf ich heute im Homeoffice bleiben und es gibt keinen Unterricht
Oh ja, die Regenzeit mit ihren Gewitterstürmen und tagelangem Regengeprassel gehört zu unserem Leben wie Essen und Trinken. Du gehst nicht auf die Straße ohne ein Regencape in der Tasche. Ich schwinge mich an solchen Tagen auch nicht unbedingt aufs Bike, während des Monsuns fahren Einheimische wie Touristen oft wie die Henker und es gibt viele Unfälle. Außerdem rutscht man leicht mal aus auf nassen Straßen, vor allem, wenn es steil bergab geht. Du musst nur mal den Lenker verreißen oder zu stark auf die Bremse treten. In solchen Zeiten lasse ich mir möglichst viel anliefern. Dann werde ich vielleicht doch noch achtzig. Es ist sowieso erstaunlich, dass ich immer noch eine schwere Maschine halten kann beim Auf- und Absteigen. Auf jeden Fall wurde mir der Führerschein verlängert bis 79!
Ich wünsche dir fröhliche Home Office Tage und möglichst viel ausgefallenen Unterricht, dann hast du noch ein bisschen Extra-Erholung nach deinem Urlaub. Bist du schon im neuen Job?
Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren und liebe Grüße nach Wien
Marion
„Wir sind das, was wir wiederholt tun. Vorzüglichkeit ist daher keine Handlung, sondern eine Gewohnheit.“
Aristoteles