Querelen in Cadiz

Quincey war ein Student, der viel intelligentes Zeug quatschte. Alles in allem hatte der „Quasselstripper“ Potenzial berühmt zu werden. Seine spanische Freundin Anabella, die ihn anbetete, sagte zu jeder seiner oft verqueren Theorien: „Mi Amor, du bist ein Genie!!“
Daraufhin pflegte er ohne jede Bescheidenheit zu sagen „Klar, ich weiß."
Seine Freunde bezeichneten ihn als Quatschkopf , meinten es aber nicht böse. Bei den Frauen war Quincey, der auch gerne mal eins über den Durst trank, vor allem wegen seiner aquamarinfarbenen Augen sehr beliebt. Doch er hatte einen Feind mit dem Namen Aquarius. Das war der Spitzname dieses Quereinsteigers zum Studium der Physik: Als Kind war der Junge mal in einen Teich gefallen und war einfach geschwommen, ohne es jemals gelernt zu haben – so hatte man ihm den Spitznamen verpasst. Hans Holzfuß, so hieß Aquarius mit seinem richtigen Namen. Er war leider schwer verliebt in Anabel, die er in heißen Träumen „Queenie“ nannte und hasste Quincey, der ihm mit seinem Gequassel auf den Sack ging.
Heimlich quälte sich der unattraktive Aquarius mit dem Programm „Quiero Español“ und lernte Spanisch, um seinen Konkurrenten wenigstens mithillfe von Sprachkenntnissen zu übertrumpfen. Über die Qualität dieses Programms ließ sich streiten, aber es war preiswert (3,5 Euro pro Monat) und bot quantitativ gesehen ein breites Spektrum.

Den Sommer wollten Quincey und Anabel in Cadiz verbringen, wo sie bei Anabels Bruder Joaquin wohnen würden. Dieser hatte eine Wohnung in der Nähe des Aquaparks. Obwohl Quincey lieber die Zeit mit Quantentheorien verbracht hätte, sah er ein, dass er Spanisch lernen sollte, um mit Anabels Familie zu kommunizieren. Im Gegensatz zu seinem Feind ließ er sich die Grundlagen des Spanischen von Anabel, die ihn mit Liebkosungen erquickte, beibringen.
„Te qiero quanto!" (Ich liebe Dich so sehr), war das Erste, was er sagte.
„Nicht quanto, sondern tanto", verbesserte ihn Anabel lächelnd und verbesserte seine Aussprache, bis er es konnte.
Aquarius konnte solche Erfolge nicht für sich verbuchen, obwohl er bei den Multiple Choice-Übungen hohe Erfolgsquoten erzielte. Bald buchte sich der verrückte Querdenker auch ein Flugticket nach Cadiz, wo er sich – um nicht in Liebesqualen zu ersticken – bei einem Aquarellkurs anmeldete. Über mehrere Ecken erfuhr er, dass sich Annabel, qualitätsbewusst wie sie war, bei der Casa Aquila, der besten Flamencoschule von Cadiz angemeldet hatte. Flugs meldete auch er sich dort an. Jetzt hatte er natürlich ein Problem zum Quadrat: er musste in ganz kurzer Zeit Flamenco lernen ... aber wie?
Hans Holzfuss, alias Aquarius wusste, dass er es auf normalem Weg nie schaffen würde. Egal, Hauptsache er käme in Anabels Nähe, alles andere würde sich ergeben.
Der Zufall kam ihm zur Hilfe: „Morgen Schnuppern bei den großen Meistern“, las er - auf Deutsch! - auf einem quatschbunten Plakat vor der Tanzschule. Gesagt, getan: bereits am nächsten Tag lungerte Aquarius bequem an der Rezeption der Tanzschule herum und sah sich nach Anabel um.
Da war sie endlich! Er erkannte sie bereits von hinten an ihren blauschwarzen Haaren.
Er schaffte es die Worte „Hola Anabel,“ hervorzuquetschen. Aber:
„No, no, soy Quinto, professor de Flamenco (Nein, ich bin Quinto, ein Flamencolehrer)!" Ein androgynes Gesicht blickte ihn an. Eine Dragqueen!
„Turista? Schnupperen? Kein Sorge, yo hablo Deutsch. Hier beste Tanzschule für Flamenco!"
Der Typ war sowas von grausig queer, mein Gott, fast hätte er ihn versehentlich angebaggert. Da zupfte eine Frau in einem hautengen Kleid die Dragqueen am Arm: „Que tal Quinto? (Wie geht’s Quinto?)"
Das war Anabel!
„Un Momentito," sagte Quinto zu Aquarius und schon war er fort mit Anabel, die ihn keines Blickes gewürdigt hatte. Na das fing ja gut an!
Doch es kam noch schlimmer:
„Hey Holzfuss, na das nenne ich eine Überraschung!"
„Quincey, was für ein Zufall," sagte Aquarius lahm.
„Sag bloß, du quälst dich auch zu einem Kurs? Mehr Lust hätte ich jetzt auf ein erquickliches Bier!"
Aquarius sah sich nach allen Seiten um. Kein Tanzlehrer, keine Anabel waren zu sehen, niemand würde ihm bei seiner spontanen Idee in die Quere kommen. Man musste nur improvisieren können. Wie sehr er diesen Quälgeist hasste!
Er beobachtete schadenfreudig, wie sich Quincey umsah: „Gute Idee, Quasimodo, wir hauen ab. Vor einer halben Stunde kommen die zwei nicht zurück. Wenn man in Spanien fünf Minuten sagt, dauert es immer länger. Ich kenne da eine Bar ,Escapada', die liegt gleich ums Eck.“
Aquarius frohlockte: jetzt würde er den Konkurrenten ordentlich einwassern. Sein Hass gegen Quincey, war gerade wie eine schwarze Wolke ins Unermessliche gequollen, als dieser ihn – leider treffend - mit dem Namen des hässlichen Glöckners von Notre Dame bezeichnet hatte.
Wie erwartet musste er Quincey gar nicht zum Trinken überreden. In kürzester Zeit trank dieser drei Gläser Bier, während Aquarius noch an seinem ersten nippte. Ungefragt brachte der Kellner eine leckere Quesadilla zum vierten Bier.
Das war für Aquarius der richtige Moment, mit seinen Manipulationen zu beginnen.
„Bist du nicht eifersüchtig auf Anabel, wenn sie beim Tanzen herumflirtet?"
„Was für ein Quark", konterte Quincey. Er schaute Aquarius scharf ins Gesicht, wobei er in keinster Weise beschwipst aussah.
„Warum tauchst du Quertreiber plötzlich in Cadiz auf? Hast du dir etwa einen Quickie mit Anabel erhofft?“
„Nein, nein," stotterte Aquarius errötend, „ich wollte eigentlich nach Iquitos zu meiner peruanischen Freundin fliegen, aber ..."
In dem Moment betraten zwei Personen die Bar: Quinto und Anabel.
„Cabron!“, rief Quinto. „Dahin sind diese Quokkas (Kurzschwanzkängurus) geflüchten. Typisch Turista, wollen nicht tanzen, nur Frau kennenlernen."
„Mi Querida, ich glaube, ich kann nicht mehr tanzen, ich habe schon vier Bier getrunken," sagte Quincey beschämt zu Anabel.
„Idiota, ich werde sofort einen anderen Tänzer aquirieren", schimpfte sie.
„Bitte nicht, mi Guapa (meine Schöne). Es tut mir leid!"
„Einen furchtbare Aussprache hast du auch. Es heißt Gwappa und nicht Quappa!“
Mit maliziösem Lächeln winkte Quinto der Kellnerin zu: „Quendressa kläre über Konzepto von unsere Bar auf."
Die Kellnerin erklärte in fließendem Deutsch: „Hierher flüchten die Männer immer weg von Tanzkurs zum Saufen. Unser Bier ist deshalb alkoholfrei und keiner merkts - von der Firma Urquelle. Ein echtes Qualitätsprodukt!"
Nun packte Quinto beide Männer am Schlafittchen: „Ab zum Schnupperkurs!"

Am Abend saßen Anabella, Quincey und Aquarius zusammen in einer Bar namens QU4. Alles war so verquer gekommen, dachte Aquarius. Mit Anabell bei einem Glas Wein aus Aquitanien zusammen zu sitzen, ja - aber ohne diesen Quacksalber Quincey!“
Auch das Essen des vegetarischen Restaurants - Quinoaauflauf - war so gar nicht sein Geschmack. Und die Musik - Flamencogitarre begleitet von einer alten Quetsche - ödete ihn an. Anabell plauderte quietschfidel, während Aquarius missmutig seine Patatas Bravas zerquetschte. Er wünschte sich weit fort, am besten nach Quebec, wo er seinen letzten Urlaub verbracht hatte.
Drei Tequilas wurden nun serviert. Und noch drei, und noch drei und ...

Plötzlich tauchten neben Aquarius drei Männer auf. Sie trugen blaue Schwimmanzüge mit Flossen und hatten Fischkõpfe. Sofort fühlte sich Aquarius an Quastenflossler erinnert. Diese Fischmänner waren doch nicht real?
Doch anscheinend, denn sie packten ihn schmerzhaft an den Armen und er sackte einfach weg. Die drei Quälgeister ließen ihn nicht los und Aquarius wurde es schwarz vor Augen.
Als er aufwachte, war er von Wasser umgeben und merkte zu seinem Entsetzen, dass er in einem Aquarium schwamm. Von irgendwo hörte er quiekende Stimmen: „Guck mal, in was für eine süße Kaulquappe wir den verwandelt haben! Ein Quantensprung, juhu!“
Aquarius wurde es übel und etwas juckte ihm im Gesicht, eine Quaddel? Er wollte sich kratzen, sah dann aber nur ein wehendes Flösschen vor Augen. Wo war seine Hand?
„Heiliger Quendolin, was ist das!“, wollte er schreien, brachte jedoch nur eine Blase hervor.

Indessen frohlockte im Restaurant der betrunkene Quincey: „Na den Holzfuß hat es ja ziemlich erwischt!“
„Er will doch Aquarius genannt werden“, kicherte Anabel – ebenfalls im Vollrausch.
„Er schaut aus wie eine Kkkk...kaulquappe!“ Lachtränen quollen aus Quentins Augen.
„Und du wie eine Fff ...feuerqualle“, neckte Anabell.
Langsam, einander stützend mäanderten die beiden aus dem Restaurant und überquerten irgendwie die Straße zum Hotel. Im Zimmer warf sich Anabel aufs Bett, doch Quentin bewegte sich in Kurven quer durch den Raum.
„Quo vadis?“, rief Anabell.
„Eine Römerquelle trinken – sie belebt die Sinne.“
„Du, wir haben den armen Aquarius quasi im Stich gelassen.“
„Ach komm, der Typ macht nur Querelen. Er ist selbst schuld.“
„Du bist doch nicht etwa eifersüchtig“, stichelte Anabel.
„Wie kommst du auf diese verquere Idee?“
„Den ganzen Abend habe ich dich beobachtet.“
„Gib endlich Ruhe, du Quälgeist!“
Tiefes Schnarchen war Anabels letzte Antwort.

Nun passierte eigentlich nicht mehr viel: Nachdem Anabel in Schlummer gefallen war, nickte Quincey über seinem Mineralwasser ein.
Statt des üblichen Schnarchens gab er bloß ein gluggerndes Quaquaqua von sich.

Wunderbar, liebe @Carlotta Lila - oder sollte ich Quarlotta schreiben?

Der arme Aquarius kann einem fast leid tun. Aber so kann es gehen, wenn man eine glückliche Beziehung crashen will.
Eine wahrhaft quirlige Story hast du da verfasst. Ich hatte sehr viel Spaß beim Lesen.

Danke für diesen tollen Beitrag!

LG
Bree

Liebe @Bree, danke ich hab' mich voll gefreut, dass Du dich unterhalten hast! Ja, gerade gelingt es mir inmitten aller Umschichtungen und Änderungen im Job doch noch was zu schreiben(-:
Aber das Qu fand ich schon sehr herausfordernd (-;
Jetzt schau ich mir gleich das nächste Thema an!
Liebe Grüße
Quarlotta Lila

Liebe @Carlotta Lila

ich fand es ziemlich schlau von dir, so viele spanische Begriffe zu nutzen. Da kommt das Qu ja doch recht häufig vor - wie du eindrucksvoll bewiesen hast. Chapeau!

Toll, dass du dich gleich auf die nächste Aufgabe stürzt. Ich wünschte, ich hätte auch ein bisschen mehr Zeit und Muße dafür ... Vielleicht klappt es am Wochenende!

LG
Bree

Liebe @Gini, danke fürs Kompliment! Das Qu war echt schwer und nachdem ich Google durchforstet hatte, fiel mir ein, dass es eigentlich auch viele Qu's in der spanischen Sprache, die ich leidlich spreche, gibt.
Ach Aquarius hat nur eine Fantasie im Vollrausch. In der Früh wird er aufwachen und alles wird normal sein....außer, dass er halt unglücklich ist, aber wer weiß, vielleicht verliebt er sich ja in eine andere Spanierin?

Liebe @Bree, ich will eh auch den Mund nicht zu voll nehmen, aber eine Story will ich mindestens noch schaffen!

Liebe Grüße
Carlotta Lila 😀

Danke, lieber @Yggdrasil!
Ja, gerade hab' ich auch deinen Text kommentiert, da sind unsere 'Qu-Gedanken' wohl in eine ähnliche Richtung assoziiert Das liegt einfach am Buchstaben
LG
C Lila

Hahahaha, @Carlotta Lila ,

irgendwie erinnert mich deine Story an die Quatschgeschichten, die wir immer auf der "Spielwiese" gebastelt haben, jeder immer nur einen Satz und schauen, was dabei herauskommt. Ich hab noch gar nicht nachgesehen, ob es die Spiele noch gibt.

Egal, sehr unterhaltsam, deine Geschichte, total witzig, ich habe mich gut unterhalten gefühlt und dabei durchgehend gegrinst. Ausgefallene Qu-Beispiele übrigens, dank deiner Spanischkenntnisse, und clever im Text verteilt!

LG Marion, die euch bereits fünf Stunden voraus ist und jetzt die nötige Bettschwere entwickelt hat. Gute Nacht!

Liebe @Perlfee, ja das war ein Tequilatrip ... hi,hi (-:
Ja - der arme Aquarius hat kein Glück in der Liebe. Erst in der nächsten Geschichte ... vielleicht mit dem Buchstaben X ?
Den Tequila durftest du gerne klauen, aber keinen Schwips kriegen, gell (-;
Danke fürs Lesen!
Herzliche Grüße,
Carlotta Lila

Liebe @Sturmruhe,
es freut mich, dass du dich gut unterhalten hast (((-:
Ja genau, das könnte so eine Quatschgeschichte schreiben, wo jeder so einen Satz anfügt.
Meine Geschichte Loli Lotophaga ist auch mit so einer Un-sinnsaufgabe entstanden. Nach der Story hab' ich dann ja mein erstes Buch benannt. Verrückt eigentlich ...
Eine super Sache war das mit diesem Buchstaben QU!

Danke fürs Lesen!
Liebe Grüße
Carlotta Lila

Liebe @Sabrina, ja du verfolgst da eine interessante Spur, an die ich nicht so gedacht habe. Aber jetzt wo du's sagst: ich hab da möglicherweise ein Beziehungsmuster vor Augen gehabt: Vielleicht der verkopfte Quincey, der die sehr selbstbewusste und etwas flatterhafte Anabell liebt und nicht merkt, was sie so alles treibt ... und der arme Holzfuß der irgendwie seine Metamorphose zum Aquarius nicht schafft. Nur die Liebe könnte eine Verwandlung bewirken ... aber die kriegt er nicht, stattdessen versinkt er im Suff ... sad but ... not true (-;
Liebe Grüße
Carlotta Lila